Der Gelehrte und sein Schüler

In dieser Erzählung geht es um ein Gespräch zwischen einem Gelehrten und seinem Schüler

Dieser Gelehrte fragte: "Wie lange begleitest du mich schon?"
Sein Schüler antwortete: "Seit 30 Jahren schon [...]"
Der Gelehrte fragte: "Und was hast du in dieser Zeit von mir gelernt."
Der Schüler antwortete: "Acht Angelegenheiten [...]"
Der Gelehrte sagte (empört): "Wahrlich, wir gehören Allah und wir werden ganz gewiss zu Ihm zurückkehren!
Ich habe mein ganzes Leben für dich aufgeopfert und du lernst nichts anderes, als acht Angelegenheiten?!"
Der Gelehrte beruhigte sich daraufhin und fragte: "Dann gib mir was du hast, damit ich zuhöre, was du gelernt hast."


Der Schüler sagte:
"Die Erste: Ich habe über die Schöpfung nachgedacht. Ich sah, dass jeder einen Geliebten hat. Wenn dieser aber ins Grab gelegt wird, trennt sich sein Geliebter von ihm. So habe ich die guten Taten zu meinen Geliebten genommen. Und wenn ich ins Grab gelegt werde, werden sie mir folgen.


Die Zweite: Ich habe über die Worte Allahs, des Allerhabenen, nachgedacht: "Wer aber das Stehen vor seinem Herrn gefürchtet hatte und die eigene Seele von niederem Gelüst abhielt - so wird das Paradies sicherlich (seine) Herberge sein.". So habe ich mich angestrengt, dass meine Seele die Gelüste abwehrt, bis sie im Gehorsam zu Allah standhaft wurde.


Die Dritte: Ich habe über diese Schöpfung nachgedacht und herausgefunden, dass jeder etwas Wertvolles besitzt, das er beschützt, damit es nicht verloren geht. Sodann habe ich über die Worte Allahs, des Allerhabenen, nachgedacht: "Was bei euch ist, vergeht, und was bei Allah ist, bleibt." So habe ich jedes Mal, wenn etwas Wertvolles in meine Hände fiel, es an Allah gerichtet, damit Er es bei Sich bewahrt.


Die Vierte: Ich habe über die Schöpfung nachgedacht. Ich sah, dass jeder mit seinem Geld, seiner gesellschaftlichen Stellung oder mit seiner Abstammung prahlt. Dann habe ich über die Worte Allahs, des Allerhabenen, nachgedacht: "Wahrlich, vor Allah ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist. Wahrlich, Allah ist Allwissend, Allkundig." So habe ich mit Taqwa gehandelt, so dass ich bei Allah Angesehen werde.


Die Fünfte: Ich habe über die Schöpfung nachgedacht. Ich sah, dass die Geschöpfe sich aufgrund des Neids gegenseitig bekriegen und verfluchen. Dann habe ich über die Worte Allahs, des Erhabenen und Majestätischen, nachgedacht: "Wir Selbst verteilen unter ihnen ihren Lebensunterhalt im irdischen Leben [...]". So ließ ich den Neid und hielt mich von den Menschen fern und erkannte, dass die Aufteilung (des Lebensunterhaltes) von Allah bestimmt ist, so dass ich den Neid gelassen habe.


Die Sechste: Ich habe über die Schöpfung nachgedacht. Ich sah, dass sie sich gegenseitig feindlich gesinnt sind und sich gegenseitig töten. Und ich habe über die Worte Allahs, des Erhabenen und Majestätischen, nachgedacht: "Wahrlich, der Satan ist euch ein Feind, so nimmt ihn euch zum Feind.". So ließ ich die Feindschaft gegen die Schöpfung und wendete mich mit voller Feindseligkeit dem Satan alleine zu.


Die Siebte: Ich habe über die Worte Allahs, des Erhabenen, nachgedacht: "Und es gibt kein Geschöpf auf der Erde, dessen Versorgung nicht Allah obläge" So habe ich erkannt, dass ich eines dieser Geschöpfe bin, so beschäftigte ich mich mit den Rechten Allahs mir gegenüber und ließ das, was für mich bei Ihm ist.


Die Achte: Ich habe über die Schöpfung nachgedacht. Ich sah, dass sich jeder von ihnen auf eine gleichgestellte Schöpfung verlässt. Dieser verlässt sich auf sein Geld, der andere auf seine Heimat, der andere auf seine Gesundheit etc. Dann habe ich über die Worte Allahs, des Erhabenen, nachgedacht: "Und wer auf Allah vertraut - für den ist Er sein Genüge.". So ließ ich es, mich auf die Schöpfung zu verlassen und strengte mich an, mich auf Allah einzig zu verlassen."

Der Gelehrte sagte: "Möge Allah dich segnen."


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Einige frühe Muslime sagten: „Das wertvollste im Diesseits ist der Ichlâs. Wie sehr strenge
ich mich an, die Angeberei aus meinem Herzen zu entfernen, doch es scheint, als würde sie
stets in einer anderen Form nachwachsen.“

 

© Die Wahrheit im Herzen

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