Mit 26 Jahren war ich soweit

Mit 26 Jahren war ich soweit

Ich hatte alles: Einen guten Job, viele Freunde, einen festen Lebenspartner, einen Hund, ein Auto, ein Motorrad, coole Urlaubsreisen, eine Rockband, Haus mit Garten, kurz, ein erfülltes, spaßiges Leben.

Meine Eltern waren Atheisten, ließen mir die Entscheidung, ob ich mich konfirmieren lassen wollte, oder nicht. Ich fand das "bigott", weil das eh alle immer nur des Geldes wegen taten. So wollte ich nicht sein. Trotzdem wollte ich mal zuhören, was die da im Unterricht so reden. Der Pfarrer stank nach Schnaps und warf mich aus der Kirche, wenn ich mich nicht konfiermieren lassen wollte. Damit war für mich das Thema Gott und Religion erledigt.

Mit 17 lernte ich viel über gesunde Ernährung, wurde Vollwertlerin, vermied Schweinefleisch konsequent, allerdings aus gesundheitlichen Gründen.
Mit 23 bemerkte ich, dass ich schlechte Laune hatte, wenn nach der Arbeit kein Bier im Haus war. Ich hörte schlagartig auf, Alkohol zu trinken.
Als mein Vater mit 65 einen Herzinfarkt hatte, hörte ich solidarisch mit ihm von einem Tag auf den anderen auf zu rauchen.
Als mein Partner, mit dem ich fast 10 Jahre verbracht hatte, Drogensüchtig wurde, beschloss ich, ihn zu verlassen.
Ich lernte einen jungen Türken kennen, der in meiner Firma arbeitete, und immer meine Brote ablehnte, weil sie nicht "helal" waren.
Das interessierte mich.
Er begann mit seinem katastrophalen Deutsch, mir vom Islam zu erzählen.
Ich empfand alles extrem chauvinistisch, kaufte mir aber einen Koran in deutscher Sprache und ackerte ihn innerhalb von 5 Nächten durch.
Ich verstand kein Wort, war aber überwältigt von der Vielfalt, mit der sich dieses Buch beschäftigte. Also vertiefte ich den Kontakt zu diesem Türken, der mir irgendwann Mut machte, seine Moschee zu besuchen.
Wir gingen gemeinsam die Treppe hinauf. Dann klopfte er schüchtern an die Tür zu den Frauenräumen. Eine junge Frau öffnete. Er sprach etwas auf türkisch, dann schubste er mich hinein. Sie schloss die Tür wieder, dann stand ich zwischen lauter türkischen Frauen, die alle Kopftücher trugen.
Die jüngeren Mädchen sprachen alle gut deutsch, und an diesem Nachmittag fühlte ich mich zum ersten mal zu dieser Kultur hingezogen.
Alle schienen so "fromm" zu sein, etwas naiv, so sauber...
Ich versprach, jeden Freitag zum Ders zu kommen, was ich auch tat.
Nach ca. 3 Monaten wollte ich Muslima sein.
Ich kaufte mir weißen Stoff und setzte mich abends zu Hause hin, um den Rand des Stoffes zu umnähen.. Dann war es soweit.
Ich band mir das Tuch um den Hals, wählte weite Kleidung aus, und ging zur Moschee.
Die Hoca saß in der Mitte des Raumes auf dem Boden. Der ganze Frauenbereich war gerammelt voll. Die Frauen saßen da und sahen mich erwartungsvoll an.
Nach endlosen türkischen Reden, von denen ich nichts verstand, gebot man mir dann die Shahada zu sprechen.
Stolz sagte ich: Ashadu an laaaaaaa ilala ilAllah, wa ashadu ana Mohammedan 'abduhu wa rasuluh.
Dann begannen alle Frauen zu weinen.

Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht.
Aber man beruhigte mich. Ich bekam einen neuen Namen ausgesucht, den es da nicht so häufig gab. Dann wickelte ich mir mein Tuch um den Kopf und war Muslima.
Aus der Band stieg ich aus.
Mein Motorrad verkaufte ich.
Meine Arbeit verlor ich.

Heute bin ich 43, habe alhamdulillah 6 Kinder, und meine Mutter sagt zu mir, daß ich ihr einziges Vorbild bin. Nur an einen Schöpfer glauben kann sie nicht.

 

© Die Wahrheit im Herzen

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