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Quellenlehre der islamischen Bestimmungen (Usul al-Fiqh)
#1
As Selam Alaykum rahmatullahi wa barakatuh,

1 Quellenlehre der islamischen Bestimmungen (Usul al-Fiqh)1
1.1 Der Unterschied zwischen Fiqh und Usul al-Fiqh

Usul al-Fiqh ist die Wissenschaft, die sich mit der Methodik beschäftigt, wie aus den beiden Grundquellen des Islams – dem Koran und der Sunna – Rechtsbestimmungen (d. h. Fiqh-Bestimmungen) abgeleitet werden.


1.2 Geschichtliche Entstehung der Wissenschaft des Usul al-Fiqh1

Imam Schafi'i Rahimahullah war der Erste, der die Prinzipien des Usul al-Fiqh niederschrieb
In seinem Buch Al-Bahr al-Muhit widmet al-Zarkaschi (gest. 794 n.H.) ein Kapitel diesem Thema, in welchem er sagt:
„Imam Schafi’i war der Erste, der über Usul al-Fiqh schrieb. Er schrieb Ar-Risala, Ahkam al-quran (eine rechtswissenschaftliche Interpretation des Korans), Ikhtilaf al-Hadith (Wissenschaft über sich scheinbar widersprechende Hadithe), Ibtal al-Istihsan (die Ungültigkeit von istihsan (juristischer Präferenz)), Jima’ al-´Ilm (Das Zusammenkommen des Wissens) und al-Qiyas (juristischer Analogieschluss) – das Buch, in welchem er den Fehler der Mu’tazila-Sekte diskutierte und seine Meinung änderte bzgl. der Annahme ihrer Zeugnisse. Dann folgten ihm andere Gelehrte darin, Bücher über Usul zu schreiben.“

In seinem Kommentar zu Ar-Risala schrieb Al-Dschuwaini:
„Niemand vor Imam Schafi’i schrieb Bücher über Usul oder hatte so viel Wissen darüber wie er. Es wird berichtet, dass Ibn Abbas etwas erwähnte über die Spezialbehandlung des Allgemeinen und dass einige von den anderen unter den frühen Gelehrten Erklärungen abgaben, die darauf schließen ließen, dass sie diese Grundsätze verstanden haben. Jedoch erwähnten diejenigen, die nach ihnen kamen, nichts über Usul und sie trugen nichts dazu bei. Wir kennen die Bücher der Tabi’un und der dritten Generation und keiner von ihnen schrieb Bücher über Usul.“


1.3 Überblick über die Quellen des Fiqh

1.3.1 Koran

Der Koran ist sowohl vom Inhalt als auch vom Wortlaut die Offenbarung Allahs an Seinen abschließenden Gesandten Muhammad SallAllahu alaihi wa sallam. Diese Offenbarung hat er über den Engel Gabriel Alayhi Sallam empfangen.
Der Koran wurde uns in absolut sicherer Überlieferung – mutawatir – vollständig überliefert.

Es besteht unter den Gelehrten Übereinstimmung, dass man aus dem Islam austritt, wenn man auch nur einen einzigen Vers des Korans leugnet, d. h. ihn nicht als Gottes Wort ansieht.

Der Koran ist die erste Quelle für die islamischen Bestimmungen.

An dieser Stelle soll nicht ausführlicher auf die Beweisführung eingegangen werden, dass der Koran das verbindliche Wort Gottes ist. Man kann das z. B. in „Ulum Al Qur`an -Einführung in die Koranwissenschaft“1 von Ahmad von Denffer nachlesen und in der DVD „Koran und Wissenschaft“2 (Innahu al-Haqq) von Azzindani sehen.

1.3.2 Sunna
1.3.2.1 Definition


Definition des Begriffs Sunna:
Alles, was der Prophet SallAllahu alaihi wa sallam
1) sagte,
2) tat und
3) stillschweigend billigte.

1.3.2.2 Es ist Pflicht, der Sunna zu folgen

Die Sunna, d. h. die Verhaltensweise des Propheten SallAllahu alaihi wa sallam in religiösen Dingen nach Beginn seiner Gesandtschaft, gilt als Offenbarungstext, denn
entweder hat der Prophet SallAllahu alaihi wa sallam dementsprechend eine Offenbarung erhalten, die er in seinen eigenen Worten weitergab und dementsprechend handelte oder aber hat er - aufgrund seiner Kenntnis der Offenbarung - wie ein Gelehrter versucht, die Bestimmung für einen neu aufgetretenen Sachverhalt zu finden und entsprechend gehandelt. Allah hat ihn dann durch Offenbarung korrigiert, falls er einen Fehler gemacht hat. Falls er keinen Fehler in seinem Idschtihad gemacht hat, hat Allah es so belassen, ohne mit einer korrigierenden Offenbarung einzuschreiten. Somit gelten alle religiösen Handlungen des Propheten SallAllahu alaihi wa sallam als von Allah so bestimmt.
Alle muslimischen Gelehrten sind darüber übereingekommen, dass alles, was der Prophet Muhammad SallAllahu alaihi wa sallam sagte, tat oder stillschweigend duldete und wobei dadurch eine Gesetzgebungsinstanz und Vorbildfunktion beabsichtigt war, und was uns in authentischer Überlieferung erreicht hat, als eine Quelle für die islamischen Bestimmungen und Gesetze anzusehen ist. Dabei ist dies aufgrund der Überlieferung entweder als Beleg mit hundertprozentiger Beweiskraft (arab. qat'i) oder mit nicht-hundertprozentiger Beweiskraft (arab. dhanni) anzusehen.1
Die Belege dafür, dass man der Sunna folgen muss und dass dies gleichbedeutend ist mit dem Befolgen der Anweisungen Gottes, findet man
1. an zahlreichen Stellen des Korans: z. B.

„Sprich: Gehorcht Allah und Seinem Gesandten“[3:32], „Wer dem Gesandten gehorcht, der gehorcht in der Tat Allah“[4:80], usw.

2. Die Prophetengefährten sind vor und nach dem Tod des Propheten (s.a.s.) darüber übereingekommen (arab. idschma')
3. Allah hat viele Sachverhalte im Koran nur allgemein angeschnitten, wie z. B. die Pflicht zum Gebet. Um zu wissen, wie man es genau verrichtet, muss man die Aussagen und Handlungsweisen des Propheten (s.a.s.) hinzunehmen.
Dass jedoch nicht alle Hadithe ein Quellbeleg mit hundertprozentiger Beweiskraft sind, liegt an deren Überlieferung - daran, dass nicht alle Hadithe mutawatir1 überliefert sind wie der Koran.

1.3.3 Übereinkunft aller Gelehrten einer Zeit (arab. idschma')
1.3.3.1 Definition von idschma'

Idschma' bedeutet das Übereinkommen aller Mudschtahids2 eines Zeitalters in einer Fragestellung.3

1.3.3.2 Idschma' ist ein hundertprozentiger Beweis
Dass das Übereinkommen aller Gelehrten eines Zeitalters ein absoluter Beweis für die Richtigkeit der betreffenden Bestimmung ist, wird anhand folgender Argumente begründet:
1. Aus dem Koran:

"Wer sich aber mit dem Gesandten verfeindet, nachdem ihm der rechte Weg klar geworden ist, und einen anderen Weg befolgt als den der Gläubigen, den werden Wir verfolgen lassen, was er verfolgt, und werden ihn dann in der Hölle brennen lassen; und schlimm ist sein Ende.“[4:115]

Der Korankommentator Imam al-Qurtubi sagte: “Mit der Aussage “...(wer) einen anderen Weg befolgt als den der Gläubigen...”[4:115] ist die Leugnung des Übereinkommens (arab. idschma') der Mudschtahid-Imame gemeint. In diesem Koranvers ist eine Warnung an diejenigen gerichtet, die den idschma' der Mudschtahid-Imame leugnen.“1
Abu Bakr al-Ddschassas sagt: “In diesem Koranvers wird denjenigen, die sich vom Weg der Gläubigen trennen, die Höllenpein angedroht. Damit sind die Leugner des Übereinkommens (arab. idschma') der muslimischen Umma gemeint.”2
2. Aus der Sunna:
Die Aussage des Propheten (s.a.s.): “Meine Gemeinschaft (arab. umma) kommt nicht in einem Irrtum überein.”1
Da das Vorliegen eines Idschma' ein hundertprozentiger Beweis für die Wahrheit einer Bestimmung für einen bestimmten Sachverhalt ist, tritt jemand aus dem Islam aus, wenn er die betreffende Bestimmung leugnet.

1.3.4 Analogieschluss (arab. qijas)

Analogieschluss (arab. qijas) ist die Übertragung einer bekannten islamischen Bestimmung eines Sachverhaltes auf einen neuen Sachverhalt, der im Kern der gleiche ist wie der ursprüngliche.
Bsp.:
Im Koran steht, dass Wein verboten ist. Die Ursache für dieses Verbot ist, dass er berauscht.
Ein neuer Sachverhalt liegt z. B. bei einem neuartigen alkoholischen Getränk vor – z. B. Eierlikör. Da Branntwein auch berauschend ist, wird die Bestimmung, die für Wein gilt, auf Eierlikör übertragen.
Analogieschluss wird ausführlich in Unterkapitel 1.6 beschrieben.

1.3.5 Weitere abgeleitete Quellen, über die es unterschiedliche Meinungen unter den Gelehrten gibt

Ein Teil der Usul-Gelehrten gab noch die eine oder andere abgeleitete Quelle an. Jedoch kann man diese abgeleiteten Quellen letztendlich auf die Quellen Koran und Sunna zurückführen.
Zu diesen abgeleiteten Quellen gehören:
Istihsan:
einem Argument beim Analogieschluss, welches nicht gleich offensichtlich ein Übergewicht hat, wird durch Interpretation ein größeres Gewicht gegeben, so dass es schließlich das entscheidende ist
Al-maslaha al-mursala:
Rechtsregelungen werden aufgrund des allgemeinen Verständnisses dessen gemacht, was Allah durch die islamische Gesetzgebung beabsichtigt, nämlich den Vorteil für die Menschen.
Bsp. von Bestimmungen, die aufgrund von „Al-maslaha al-mursala“ gemacht wurden:
Errichtung von Gefängnissen für Straftäter
Erhebung einer Bodensteuer (arab. kharadsch), wenn eroberter Boden von den ursprünglichen Besitzern genutzt wird.
Gewohnheitsrecht (arab. 'urf):
Handlungen, die nicht gegen das islamische Recht verstoßen und die von Personen, die über einen gesunden Menschenverstand verfügen, als lobenswert aufgefasst werden.
Solche abgeleiteten Quellen werden dann beachtet, wenn unter den Quellen Koran, Sunna, Idschma' und Analogieschluss (arab. qijas) zu einem Sachverhalt keine Bestimmung gefunden.

Das sind die nummer von denn Nummer oben die im Text immer drin stehen Baraka allahu fikuma.

1.Die Unterkapitel 1.3 bis 1.6 basieren hauptsächlich auf den Büchern „'Ilm Usul al-Fiqh“ von Abdulwahab Khallaf, einem Gelehrten aus der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, und Imam Abu Zahra (gest. 1973).
Das Unterkapitel 1.8 über Idschtihad basiert zum großen Teil auf einem klassischen „Usul al-Fiqh“-Werk gemäß der hanbalitischen Rechtsschule von Muwaffaq ad-Din Ibn Qudama al-Maqdisi (541-620 n.H.) und den erwähnten beiden Büchern.

2.Aus: S. u. U.A. Mourad, „Klassische islamische Literaturkunde und Gelehrtenbiographien“, S.85ff., Verlag: DIdI, 2006

3.Siehe Literaturverzeichnis
4.Siehe Literaturverzeichnis

5.Die Beweiskraft wird weiter unten in einem separaten Abschnitt (1.5.5) behandelt.

6.Auf vielen unabhängigen Überliefererwegen

7.Gelehrte, die fähig sind, selbst Bestimmungen aus Koran und Sunna abzuleiten

8.Siehe z.B. Sarakhsi, „Tamhidul-fusul“ (1/311)

9.Imam Qurtubi, “Al-Dschami' li ahkamul-Quran” (5/386)

10.Abu Bakr al-Dschassas, “Ahkam al-Quran” (1/88)

11.Dies berichteten Ibn Madscha, Tirmidhi (2093) u.a. Der Hadith ist insgesamt sahih laut Ibn Hadschar und Al-Albani.

So es geht weiter mit dem Usul-al- Fiqh

Die islamischen rechtlichen Bestimmungen (arab. ahkam, Pl. v. hukm)

1.4 Die islamischen rechtlichen Bestimmungen (arab. ahkam, Pl. v. hukm)1
1.4.1 Der Urheber einer islamischen Bestimmung ist Allah

Es gibt unter den muslimischen Gelehrten keine Meinungsunterschiede bzgl. dessen, wer Urheber der islamischen Bestimmungen ist:
Der Urheber aller islamischen Bestimmungen, d. h. Handlungsanweisungen für die Menschen, ist Allah der Erhabene. Dabei ist es gleich, ob diese Bestimmung direkt aus einem Offenbarungstext stammt oder über einen Idschtihad durch Forschung aus den Quellen abgleitet wurde.
Allah sagt:

إِنِ الْحُكْمُ إِلَّا لِلَّهِ يَقُصُّ الْحَقَّ وَهُوَ خَيْرُ الْفَاصِلِينَ (الانعام 57)
„Die Bestimmungsgebung (arab. hukm) liegt bei Allah allein. Er legt die Wahrheit dar, und Er ist der beste Richter“[6:57]


1.4.2 Die islamische Bestimmung (arab. hukm)
Unter einer islamischen Bestimmung (arab. hukm) versteht man eine Handlungsanweisung, die Allah an die für ihre Taten verantwortlichen Menschen stellt.
1.4.3 Einteilung der islamischen Bestimmungen in haram, fard usw.
Die islamischen Bestimmungen, d. h. Handlungsanweisungen von Allah an die für ihre Taten verantwortlichen Menschen kann man in fünf Kategorien einteilen – hier ist es aus Sicht des Menschen:
1. Pflicht (arab. fard bzw. wadschib)
2. Freiwillige gute Tat (arab. mandub)
3. Erlaubte Handlung (arab. mubah)
4. Verpönte Tat (arab. makruh)
5. Verbot (arab. haram)

Diese Unterteilung ist in manchen Rechtsschulen noch verfeinert. Im Folgenden wird die Einteilung und Erläuterung gemäß der hanafitischen Rechtsschule wiedergegeben:2
In der hanafitischen Rechtsschule wird folgende Unterteilung gemacht:
1. Fard (Pflicht)
2. Wadschib (Pflicht, aber weniger stark als fard)
3. Sunna (hier im Sinne des Fiqh und nicht des Usul al-fiqh): freiwillige gute Tat, die der Prophet so vorgemacht hat 4. Mustahabb (erwünscht)
5. Mubah (erlaubt)
6. Mufsid (verderbend machend), fasid (verdorben sein)
7. Makruh (verpönt)
8. Haram (verboten)

Im Folgenden werden die Begriffe näher erläutert, zumeist gemäß der Definition der hanafitischen Rechtsschule.

1. Fard: Eine Bestimmung, die über einen Beleg mit hundertprozentiger Beweiskraft gefunden wurde.
Ibn Abidin: “Das Urteil über fard ist, dass derjenige, der diesen unzweifelhaft leugnet, zum Ungläubigen (Kafir) wird. Die Verachtung und die Verhöhnung eines Fard (Urteil) führt ebenso zum Unglauben.”1
fard 'ain ist eine Tat, die für jeden einzelnen Muslim Pflicht ist.
Beispiele: das tägliche fünfmalige Gebet, das Fasten, etc.
fard kifaja ist eine Tat, die für die gesamte muslimische Gemeinschaft eine Pflicht ist – wenn ein genügender Teil der Muslime dies macht, brauchen die anderen es nicht mehr machen. Beispiele: Beschäftigung mit Medizin und anderen Wissenschaften.

2. Wadschib: Pflichten, die aus hundertprozentig sicher überlieferten Offenbarungstexten, aber mit einer nicht-hundertprozentig sicheren Art der Auslegung des Textes abgeleitet wurden.2 Diese Definition wird von der hanafitischen Rechtsschule gegeben.
Oft wird das Wort wadschib jedoch als Synonym für fard benutzt.
Gemäß der Definition ist der wichtigste Unterschied zwischen Fard und Wadschib der, dass die Leugnung eines Fard den Unglauben zur Folge hat, während die Leugnung eines Wadschib kein Kufr (Unglaube) ist.

3. Sunna (im Sinne als Fiqh-Terminologie): Das, was der Gesandte Allahs SallAllahu alihi wa sallam getan oder gesagt hat, was aber keine Pflicht ist – d. h. was nicht unter die Kategorie des Fard und Wadschib fällt.

Der Begriff „Sunna“ wird nochmals unterteilt in „Sunna mu'akkada“ (was der Prophet (s.a.s.) immer gemacht hat) und „Sunna ghair mu'akkada“ (was der Prophet (s.a.s.) nicht immer gemacht hat).

4. Mustahabb: Das sind Handlungen, die allgemein und im Besonderen sich auf gute Belege stützen und vom Gesandten Allahs (s.a.s.) empfohlen wurden. Man erhofft sich von der Ausübung dieser Art der schönen Handlungen einen Lohn von Allah. Man bezeichnet diese auch als Mandub, Nafila, Tatawwu' und Adab.

5. Mubah: Die Handlungen in Angelegenheiten, deren Ausübung oder Unterlassung völlig dem Ermessen der Menschen überlassen wurde, bezeichnet man als Mubah-Handlungen. D. h., das sind erlaubte Handlungen. Im Koran steht: „Er ist es, Der für euch alles auf der Erde erschuf; alsdann wandte Er Sich den Himmeln zu und richtete sie zu sieben Himmeln auf; und Er ist aller (Dinge) kundig.“[2:29]
Alle Sachen, über die kein spezieller Beweis über deren Verwehrtheit (haram) zugrunde liegt, beruhen auf der Grundlage von mubah (dem Freigestelltsein).

6. Mufsid (Fasid): Handlungen, die eigentlich schariagemäß sind, aber in Verbindung mit einer nicht-schariagemäßen Sache aus den Grenzen einer schariagemäßen Zulässigkeit treten. Diese Handlungen sind im Ursprung erlaubt, aber in einigen ihrer hinzugetretenen Eigenschaften nicht erlaubt. Ein Teil der Rechtsschulen macht einen Unterschied zwischen fasid (verdorben) und batil (ungültig). Bei einem anderen Teil der Rechtsschulen sind diese beiden Begriffe äquivalent.

7. Makruh (karaha): Die Handlungen, über deren Verwehrtheit kein absolutes Verbot vorhanden ist aber deren Vermeidung erwünscht ist, bezeichnet man mit makruh.
Zum Beispiel werden die Handlungen, die das Unterlassen einer Wadschib-Handlung oder einer Sunna-Handlung beinhalten, als makruh bezeichnet. Die Unterlassung einer Wadschib-Handlung wird als „karaha tahrimijja" (Verpöntsein, welches in die Nähe des Verbotenseins rückt) und die Unterlassung einer Sunna-Handlung “karaha tanzihijja” (Verpöntsein, von dem man Abstand halten sollte, aber welches nicht in die Nähe des Verbotenen kommt) bezeichnet.
Mulla Husraw sagt: “Das, was an "karaha tahrimijja” makruh ist, ist nach Imam Muhammad rahimahullah (einem der drei bedeutendsten Schüler Abu Hanifas) haram. Er hat die Bezeichnung haram aber nicht verwendet, weil er keinen eindeutigen Beweis gefunden hat. Wenn Imam Muhammad rahimahullah in seinen Büchern “karaha” erwähnt, meint er damit haram. Gemäß Imam Abu Hanifa und Imam Jusuf (ein weiterer der drei bedeutendsten Schüler Abu Hanifas) steht "karaha tahrimijja" dem Verwehrten (haram) nahe, ist aber nicht haram.1
Gemäß der hanafitischen Rechtsschule sind „makruh tahrimijjan“ auf der einen Seite und „wadschib“ auf der anderen Seite als Bestimmungen definiert, deren Beweislage nicht absolut sicher ist.

8. Haram: Die hanafitischen Rechtsgelehrten haben sich im Urteil “damit ein Haram (Verbot) feststeht, ist ein absolut feststehender und zweifelsfreier Beweis eine Voraussetzung” geeinigt aufgrund des folgenden Koranverses:
„Und sagt nicht aufgrund der Falschheit eurer Zungen: "Das ist erlaubt, und das ist verboten", so dass ihr eine Lüge gegen Allah erdichtet. Wahrlich, diejenigen, die eine Lüge gegen Allah erdichten, haben keinen Erfolg.“[16:116]
Das islamisch Verbotene, welches als haram bezeichnet wird, teilt sich in zwei Gruppen ein:
a.) Eigentlich verbotene Handlungen (arab. haram li'ainihi), die zur Zerstörung der Religion und der Gesellschaft führen.
b.) Verboten, weil es direkt zu einer eigentlich verbotenen Handlung (aus a)) führen kann (arab. haram lighairihi)
Bsp.: Unzucht treiben gehört zu Kategorie a). Dass ein Mann allein an einem Ort mit einer fremden Frau ist (arab. khuluwa) kann zu Unzucht führen, und ist deshalb also auch verboten, gehört aber zu Kategorie b).


12.Khallaf, S.102ff

13.Aus Kerimoglu, Kap.4

14.Ibn Abidin, “Raddu'l Mukhtar Ala'd Durru'l Mukhtar” (1/103)

15.Siehe hierzu ausführlich den Abschnitt 1.5.5 „Beweiskraft der verschiedenen Arten von Überlieferungen von Offenbarungstexten und der verschiedenen Klassen von autarken und nichtautarken Bedeutungen der Texte“

16.Molla Husraw - Dürerû'l Hükkâm fi şerhû Gureru'l Ahkâm - İst:1307, C:1, Sh:

Baraka allahu fikuma
  


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