11-02-2014, 04:48 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11-02-2014, 05:44 PM von Muhammad Ibn Ismail.)
Einige Fakten und Tatsachen über die Bibel, die leider vielen Christen Heutzutage nicht so bekannt sind. Die Quelle meiner Texte stammen von Nichtmuslimen (!) aus der Schweiz. Ich werde eine Überschrift und einen kleinen wichtigen Text dazu kopieren.
Das Buch der Bücher im Licht von Wissenschaft, Vernunft und Moral - Objektive Bibelkritik nach Johannes Maria Lehner
1. Darf man die Bibel wörtlich nehmen?
Die Bibel beim Wort zu nehmen ist kein engstirniges Sektierertum. Entweder sie ist das Wort Gottes und das Buch der Wahrheit oder sie hat uns Menschen nichts Verbindliches zu sagen.
Mit der Ausrede, die Geschichten der Bibel seien nur mythische, symbolisch zu deutende Bilder, lässt sich jeder Unsinn rechtfertigen und jeder Widerspruch verschleiern. "Wenn alles sinnbildlich gemeint ist, müssen die Bilder doch Sinn machen", stellte Rudolf Augstein, ehemaliger "Spiegel"-Redakteur, in seinem kritischen Jesusbuches knapp und präzise fest.
Also gehen wir davon aus, dass Gott nicht in Metaphern, Gleichnissen und Bildern zu Gelehrten sprach - wenn er denn gesprochen hat -, sondern nur die Theologen es gern so sehen würden. Als wäre das Buch nur für ihresgleichen verfasst worden.
Professor Dr. Franz Buggle, Verfasser einer herausragenden Streitschrift zur Moral in der Bibel schreibt zu diesem Thema: "Wie kann man vernünftigerweise Gott als Quelle, als Kommunikator einer Botschaft ansehen, die so schlecht bei ihrem Empfänger ankommt, dass über ihren Inhalt so chaotische Uneinigkeit besteht, dass seit der Frühzeit des Christentums bis heute die verschiedensten Kirchen und sonstigen konfessionellen Gruppen sich darüber streiten, was eigentlich mit dieser Botschaft gemeint sei."
1. Die Bibel - ein Jahrhundertwerk
Millionen Menschen sind fest davon überzeugt, die Bibel sei ein von Gott geschriebenes oder zumindest von ihm persönlich inspiriertes (diktiertes) Buch. Eigentlich eine schöne Vorstellung.
Die Wahrheit aber ist, dass die Bibel nicht in einem Guß geschrieben wurde, sondern eine Sammlung unter- schiedlicher Bücher und Texte ist (Buch Mose, Buch der Könige, Briefe von Paulus), zwischen denen manchmal tausend Jahre liegen und die immer wieder ergänzt, verändert und entsprechend der aktuellen gesellschaftlichen Stimmung umgeschrieben wurde.
Unterschiedliche, heute meist unbekannte Autoren haben die Texte geschrieben und was der späteren Priesterschaft nicht mehr gefiel, wurde eliminiert oder immer wieder zurechtgetextet. Noch heute werden Veränderungen und Anpassungen vorgenommen.
Viele Männer und kaum Frauen (nur auf etwa 13 Seiten) haben Geschich- ten, Sprüche, Weisheiten und Prophezeiungen zusammengetragen.
Die Auswahl der uns heute bekan- nten Texte - des so genannten biblischen Kanons - hat bis ins
1. Jahrtausend nach Christus gedauert. Noch in den letzten hundert Jahren legte die Evan- gelische Kirche etliche Bibelrevisionen vor. In der Fassung von 1975 sind nur noch zwei Drittel mit Luthers Text identisch.
2. Korrigieren, "beschönigen", verfälschen!
Hier ein paar wenige Beispiele, wie noch in heutiger Zeit am Text der Bibel geputzt und geändert wird:
In einer aktuellen Lutherbibel lesen wir die unverfängliche Beschreibung, wie König David nach seinen Eroberungen mit den Kriegsgefangenen umging (2. Sam 12,31): "Aber das Volk (die besiegten Ammoniter) darin führte er (David) heraus und stellte sie als Fronarbeiter an die Sägen, die eisernen Pickel und an die eisernen Äxte und ließ sie an den Ziegelöfen arbeiten."
Das war wohl damals keine ungewöhnliche Verfahrensweise mit Gefangenen und auch nicht weiter anstößig. Luther aber übersetzte in seiner Bibelversion den Schluss des Verses noch korrekt: "... und verbrand sie in Ziegelöfen." Solcherlei Aussagen hat man nach dem 2. Weltkrieg, nach den grauenhaften Verbrechen der Nationalsozialisten einfach umgeschrieben.
Eine andere Verharmlosung liest sich wie folgt (1. Sam 6,19): "Aber die Söhne Jechonjas freuten sich nicht mit den Leuten von Bet-Schemesch (Andersgläubige), dass sie die Lade (Bundeslade) des Herrn sahen. Und der Herr schlug unter ihnen siebzig Mann." Der Herr erschlug also siebzig Männer, weil sie sein Heiligtum, die Bundeslade, angeschaut hatten. (Niemand weiß übrigens, was das eigentlich war. Es gibt nur Spekulationen.)
Halb so schlimm, mag man denken, damals herrschten halt raue Sitten. In der früheren Ausgabe und in der aktuellen Jerusalemer Einheitsübersetzung ist aber von "fünfzigtausend Mann" die Rede. Es werden also in jeder Bibelversion weniger Gottesopfer.
Immer wieder hat man versucht, die ärgsten Peinlichkeiten aus dem Buch zu räumen. Mehr oder weniger harmlos heißt es bei 3. Mose 20,27: "Wenn ein Mann oder eine Frau Geister beschwören oder Zeichen deuten kann, so sollen sie des Todes sterben; man soll sie steinigen."
An dieser Stelle hieß es ursprünglich, "Männer oder Frauen, in denen ein Totengeist ist", sollen gesteinigt und getötet werden.
Dazu weiteres Beispiel einer aktuellen Bibeländerung: Einen Vers des Evangelisten Lukas übersetzte Martin Luther mit (Lk 2,14): "Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen." Schöne Worte mit denen die himmlischen Heerscharen nach der Geburt Jesu jubilierten und allen Menschen Frieden und Wohlgefallen wünschten.
Richtig übersetzt heißt die Zeile aber: "Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens." Dieser kleine aber feine Unterschied besagt, dass nur Menschen, die Gott gefallen, sprich: die ihn lieben und ihm gehorchen, Frieden finden sollen. Hier haben wir immer wieder das alte Gottesbild: Entweder du glaubst und gehorchst oder es soll "Heulen und Zähneklappern" sein.
Unerbittlicher bekämpften die Bibelschreiber den Kult um die in der Bibel immer wieder erwähnte Göttin Aschera (ursprünglich die Frau Jahwes) (Mi 5,12-13): "Ich will deine (...) Ascherabilder ausreißen." Die biblische Eifersucht auf die Göttin wäre wohl kaum so groß, wäre Aschera nur eine unscheinbare religiöse Randerscheinung im Heiligen Land gewesen. Der Kult um sie muss jahrtausendelang weit verbreitet gewesen und sogar im Jerusalemer Tempel ausgeübt worden sein (2. Kön 21,7): "Er (Manasse) stellte auch das Bild der Aschera, das er gemacht hatte, in das Haus."
Aber Frauenfeind Luther war die Vorstellung, dass einst eine Frau an Gottes Seite angebetet und verehrt worden sein könnte, ein Gräuel. Er tilgte 1545 den Namen Aschera aus allen Versen seiner Bibelfassung und übersetzte zum Beispiel 2. Kön. 13,6 so: "Auch blieb stehen der Hain zu Samaria." In der revidierten Lutherfassung unserer Zeit holte man die Göttin wieder zurück und wir lesen wieder: "Auch blieb das Bild der Aschera zu Samaria stehen."
Die Liste der Bibelveränderungen wäre noch seitenlang fortzuführen. Wichtig sind aber nicht die einzelnen Textänderungen, sondern die Feststellung, dass die Bibel nicht ein von Gott geschriebenes oder von ihm beeinflusstes Buch sein kann!
3. Wie enstand das neue Testament?
Herzstück der modernen Christenheit ist das Neue Testament, eine Sammlung von Texten, Briefen und Sprüchesammlungen, die die Leidensgeschichte Jesu beschreiben.
Die ersten Christen waren noch dem jüdischen Denken verhaftet und lasen hauptsächlich das Alte Testament. Immer mehr tauschten sie Briefe, Sprüchesammlungen und Evangelien untereinander aus, die in den Gemeinden vorgelesen wurden. Aber nach und nach wurde der Ruf nach einem eigenen Lehrbuch, nach einem neuen Wort Gottes, immer lauter.
Marcion aus Pontus stellte im Jahr 144 nach Christus seinen Glaubens- genossen seine persönliche Version einer Bibel vor. Er ignorierte das gesamte Alte Testament und die meisten der unter den damaligen Christen kursierenden heiligen Schriften.
Übrig blieben ein sehr verkürztes und verändertes Lukasevangelium und zehn ebenfalls redigierte Paulusbriefe. Aber die Theologen waren über diese Bibelfassung wenig erfreut und schlossen Marcion verärgert aus der Kirche aus.
Ende des 2. Jahrhunderts begann man immer mehr, angeführt von Bischof Theophilus von Antiochien, von der Heiligkeit der Evangelien und der Paulusbriefe zu sprechen. Der Druck, ein Buch zu haben, um die Kirche überhaupt konstituieren zu können, wuchs weiter.
Erst Ende des 4. Jahrhunderts wurde nach mehreren Synoden in Rom und Karthago jener Kanon des Neuen Testaments bestimmt, den wir mehr oder weniger noch heute kennen.
Bischof Papias von Hierapolis (70-130) in Phrygien hielt um das Jahr 110 nicht einmal die uns heute bekannten Evangelien für heilig genug, während
Kirchenvater Justin lieber das Alte Testament zur Erbauung bemühte. Kirchenvater Irenäus (130-200) und Clemens Alexandrinus (†215) stellten ebenfalls Bibelversionen zusammen, die aber unter heftigen Diskussionen immer wieder verworfen, ergänzt und verändert wurden.
Um das Jahr 170 stellte der syrische Apologet Titian aus den vier Evangelien ein einziges zusammen und nannte es Evangelienharmonie ("Diatessaron").
Noch immer war man offen für Ergänzungen aus nichtkanonischen Überlieferungen. Später schrieb auch Bischof Theophilus von Antiochien eine Evangelienharmonie, konnte sich aber damit nicht durchsetzen. Trotz dieses ewigen Hin und Hers erklärt die päpstliche Bibelkommission noch heute, jedes Wort der Bibel sei unfehlbar.
Im Jahr 367 wies der Kirchenvater Athanasius (295-373), Bischof von Alexandria, in einem Brief darauf hin, dass die 27 Bücher des Kanons nun endgültig feststünden. Er nannte sie "Quellen des Heils, auf dass sich der Dürstende an ihnen mehr als genug erlabe." Die Synode von Laodicea machte die Auswahl der Bücher schließlich offiziell und das Neue Testament war mehr oder weniger geboren.
Nirgendwo auf der Welt ist übrigens das Original eines biblischen Evangeliums erhalten. Es gibt nur Abschriften von Abschriften von Abschriften. Die beiden ältesten Kopien des Neuen Testaments stammen aus dem 4. Jahrhundert. Eine liegt im Vatikan, die andere im Britischen Museum in London. Im Letzten sind sogar noch apokryphe Texte enthalten, welche die Kirche heute als gefälscht oder unsinnig betrachtet.
4. Wer schrieb das neue Testament?
Das Kernstück des Neuen Testaments ist die Lebensgeschichte Jesu, die in vier kurzen Evangelien - und nur dort - viermal von Anfang bis Ende erzählt wird. Geschrieben haben diese Texte vier unbekannte Männer, denen die spätere Kirche folgende Namen gegeben hat: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.
Der Ursprung ihrer Erzählungen ist im Dunkel der Geschichte verborgen und ihre Überlieferungen sind durch unzählige redigierende Hände gegangen. Ihre Inhalte sind widersprüchlich und ungenau.
Jesus selbst hat nichts aufge- schrieben, was uns überliefert ist, obwohl er zweifellos lesen und schreiben konnte. Sonst hätte er kaum im Tempel mit den Priestern über die alten Schriften diskutieren können. Ein gebildeter und weitblickender Mensch hat uns nicht eine einzige Zeile seiner angeblich so heilsbringenden und die Welt bewegenden Botschaft hinterlassen.
Es kommt noch bitterer! Auch Zeitgenossen, die ihn gekannt haben müssten, die ihn beim Wundertun oder am Rednerpult hätten sehen können, haben keine einzige Zeile über ihn hinterlassen.
Wir wissen von diesem Jesus also nur aus den Evangelien und aus ein paar Briefen, alle geschrieben Jahrzehnte nach seinem Tod. Und zu guter Letzt haben auch die Autoren dieser Evangelien und Briefe selber Jesus nie gesehen!
Sie waren mit Sicherheit auch nicht im Besitz authentischer Schriften, die auf Jesus selber zurückgeführt werden konnten und die vielleicht durch bevollmächtigte Apostel oder Führer weitergereicht wurden, denn sonst wären nicht von Anfang an unzählige wichtige Fragen unter den Evangelienschreibern und den Christenführern vehement diskutiert worden und widersprüchliche Ansichten im Umlauf gewesen.
Auch die Autoren der Evangelien betrachten ihre Schriften nicht als historisch zuverlässige Quellen, sondern als Erbauungstexte für christliche Gemeinden.
Hätten sie als Augenzeugen das Leben und Wirken Jesu beschrieben, hätten sie ihre eigene Anwesenheit als Beweis für die Echtheit der Berichte angeführt.
Der Heidelberger Neutestamentler Christoph Burchard schreibt deshalb: "Kein Augen- und Ohrenzeuge spricht noch direkt zu uns."
Die Evangelien waren in den ersten hundert Jahren unserer Zeitrechnung alles andere als heilig. Sie waren Schriften wie viel andere auch und es bestand gar kein Anlass, nicht zu korrigieren, nichts hinzuzufügen, nichts zu ergänzen oder zu kürzen. Wer überhaupt Abschriften besaß, benutzte sie in erster Linie, um Ungläubige zu überzeugen. Was lag also näher, als sie dem eigenen missionarischen Anliegen anzupassen und sie entsprechend auszuschmücken?
Es bestand zudem eine permanente Nachfrage nach Schriften, die in den neu gegründeten Christengemeinden vorgelesen werden konnten. Das ermunterte leider auch zu Fälschung und Verdrehung, wodurch die alten Texte ein zusätzliches Glaubwürdigkeitsproblem erhielten.
Die Annahme, die Bibelmacher hätten eine tiefe Erfurcht gegenüber den frühchristlichen Texten empfunden und sie nur wortgetreu übertragen, ist falsch. Das Gegenteil war der Fall! Die ersten Schriften der Christen waren keine religiösen Texte wie die des Alten Testaments, sondern theologische Werbebotschaften.
Warum hätten ihre Schreiber nicht hinzufügen, streichen oder verbessern sollen? Der emsig missionierende Paulus selbst gab unverhohlen zu (Röm 3,7): "Wenn aber die Wahrheit Gottes durch meine Lüge herrlicher wird zu seiner Ehre, warum sollte ich dann noch als ein Sünder gerichtet werden?" Die Schriften sollten mitreißen und überzeugen, mehr nicht.
Erst im Mittelalter, als der Inhalt der Bibel endlich festgeschrieben und die Kirche mächtig genug war, ihn mit Waffengewalt und grausamen Strafen zu verteidigen, begann man, das Buch der Bücher buchstabengetreu zu kopieren.
Niemand dachte zudem daran, die Texte in einem großen biblischen Werk zusammenzufassen. Warum auch? Die Urchristen waren vom nahen Weltgericht und der baldigen Wiederkunft Jesu so sehr überzeugt, dass sie die Ausrufung des Reiches Gottes noch zu ihren Lebzeiten erwarteten. (Siehe dazu den Link "Jesus Wiederkehr ...") Wozu sich also um Texte sorgen, die sowieso bald bedeutungslos sein würden?
a) Markus Evangelium
Markus, der Verfasser des ältesten der vier Evangelien, eröffnete sein Werk nicht etwa mit der Vorstellung seiner Person, sondern kam gleich ohne erklärende Einleitung zur Sache.
Er war mit Sicherheit kein Augen- zeuge der Geschehnisse um Jesus und demzufolge auch kein Jünger (wie es die Kirchen behaupten).
Am Schluss seiner Geschichte schrieb er über die Jünger sogar in der dritten Person, als wäre er selber nicht dabei gewesen (Mk 16,8): "Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen."
Der Name Markus stand übrigens ursprünglich nicht im Evangelium und wurde zum ersten Mal von Bischof Papias aus Phrygien erwähnt. Papias war zwar kein glaubwürdiger Zeitgenosse, aber er bleibt der Erste, der das Evangelium dem Apostel Markus zugeschrieben hat.
Das Evangelium dürfte etwa um das Jahr 70 in griechischer Sprache verfasst worden sein. Leider sind solche Zeitangaben nur annähernd zu bestimmen, aber die theologische Welt ist sich in diesem Fall einig. (Jesus soll etwa im Jahr 30 gekreuzigt worden sein.)
Ein Jesus-Jünger hätte seine Heilsbotschaft auch sicher nicht auf Griechisch, der Sprache des ideologischen Feindes, hinterlassen.
b) Mätthaus Evangelium
Matthäus stellte sich in seinem Evangelium, dem zeitlich zweiten, ebenfalls nicht vor.
Der Urtext soll nach theologischer Lehrmeinung in den Jahren 80-90 geschrieben worden sein, also lange nach Jesus' Tod.
Matthäus' Autorenschaft wird zum ersten Mal bei Clemens Alexandrinus und bei Tertullian erwähnt, die beide um das Jahr 200 lebten.
Das Matthäusevangelium wurde ursprünglich auch nicht auf Hebräisch, sondern auf Griechisch geschrieben. Das hätte ein Weggefährte Jesu, der selbst ja aramäisch gesprochen hatte, wohl kaum gemacht. Über einen aramäischen Urtext oder eine entsprechende Übersetzung ist nichts bekannt.
Auch Matthäus war also kein Jünger Jesu und somit kein Augenzeuge.
Matthäus schien Markus' Evangelium gekannt zu haben, denn er übernahm 600 Verse von ihm. Er schuf also eher eine Überarbeitung als ein neues Evangelium. Wäre ihm Markus' Text überzeugend vorgekommen, hätte er wohl keinen eigenen geschrieben. Er hatte also schon damals Zweifel und wollte verbessern.
c) Lukas Evangelium
Der dritte Evangelist, Lukas, wurde zum ersten Mal im Jahr 189 von Irenäus, dem Bischof von Lyon, namentlich als Evangelienautor genannt. Dass er ein Apostel gewesen sei, behauptete allerdings nie jemand.
Lukas berichtete also auch nicht als Augen- und Zeitzeuge, sondern gab von Anfang an zu, dass er alles nur recherchiert hatte. Er bezeichnete seinen Text - den er etwa im Jahre 60 geschrieben hat - auch nicht als ein Evangelium.
Alles deutet auf einen Brief, den er an einen uns unbekannten Empfänger namens Theophilus adressierte (Lk 1,3): "So habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben."
Lukas räumt demnach ein, nicht der Erste und Einzige gewesen zu sein, der die Geschichte von Jesus erzählt hat. Er spricht sogar von vielen Versionen vor ihm (Lk 1,1): "Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten." Er sei aber mit diesen Texten nicht zufrieden und wolle sie verbessern.
Einige Theologen nehmen an, Lukas sei ein Wegbegleiter Paulus' gewesen (von dem sich etliche Briefe in der Bibel befinden). Ein gemeinsames Wirken ist aber umstritten. Inhaltlich "findet sich bei ihm (Lukas; d. Verf.) kein einziger spezifisch paulinischer Gedanke", schreibt Philipp Vielhauer, Autor einer Abhandlung zum Neuen Testament (1939). Lukas unter- scheide "sich in seiner eigenen Theologie erheblich von Paulus" und sei "über wichtige Einzelheiten des missionarischen Wirkens des Paulus nicht richtig informiert."
d) Das Johannes-Evangelium
Das vierte Evangelium hatte Kirchen- vater Irenäus einem Mann namens Johannes zugesprochen. Ob Irenäus damit den Apostel gleichen Namens meinte oder einen anderen Johannes, ist in der Bibelforschung unklar.
Das Buch beginnt auch etwas eigenartig mit dem Bekenntnis (Joh 1,19): "Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden zu ihm sandten Priester." Warum wird über diesen Johannes in der dritten Person geredet, wenn er denn der Verfasser des Textes gewesen wäre?
Der katholische Neutestamentler Joachim Gnilka stellt in seinem Text "Johannesevangelium" fest: "Dass der Apostel Johannes das vierte Evangelium herausgebracht habe, ist heute weitgehend auch im Bereich der katholischen Exegese fallen gelassen worden. Den Verfasser des Evangeliums kennen wir nicht." Johannes der Evangelist war also ein unbekannter Autor.
Auch drei Briefe, die in die Bibel Eingang gefunden haben, sollen vom gleichen Johannes stammen. Dort aber gibt sich der Briefeschreiber nicht als Begleiter Jesu zu erkennen und erwähnt auch kein eigenes Evangelium.
Johannes' Jesus-Evangelium unterscheidet sich auch ganz erheblich von dem seiner drei Vorgänger.
Bei ihm ist nicht mehr von einem menschlichen Jesus die Rede, sondern von der "Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit." Seine Sprache kreist um Heilsbegriffe wie Friede, Licht, Wahrheit, Glauben.
Johannes hat den Glauben an die bevorstehende Rückkehr Jesu ganz fallengelassen und sagt tatsächlich nichts über die zweite Ankunft Jesu.
Bei Lukas sollte Jesus noch ein leibhaftiger, irdischer König sein, bei Johannes war er (Joh 1,29): "Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt" und schon nahe daran, selber ein Gott zu sein." (Joh 13,31): "Gott ist verherrlicht in ihm."
Luther nannte das Evangelium gern das "zarte, rechte Hauptevangelium", das den anderen vorzuziehen sei. Kein Wunder, denn dieser dichterisch frei gestaltete Jesus lässt eine Menge Spielraum für Interpretationen. Darum nennt die Kirche Johannes' Version gern das "ergiebigste" Evangelium.