02-03-2014, 12:44 AM
Biografie des großen Gelehrten Muḥammad al-Muḥtaar asch-Schanqītī
Geburt
Geboren in Madīnah im Jahre 1381 h
Studium
Er absolvierte seine Schulausbildung in Madīnah und schloss seine Realschule und sein Gymnasiumin den der Islamischen Universität zugehörigen Bildungsinstituten ab. Die universitäre Ausbildung absolvierte er an der Fakultät für islamisches Recht der Islamischen Universität, schloss diese im Jahre 1403 h. ab, wo er daraufhin zum Assistenten ernannt wurde und seine Magisterarbeit schrieb, die den Titel trug „al-Qadḥ fī l-Bayyinah fī l-Qaḍāʼ“ (Die Beeinträchtigung von Beweisen in der Gerichtsbarkeit), die noch nicht veröffentlicht wurde. Es folgte seine Doktorarbeit, wobei es zunächst seine Absicht war, sich darin mit einem Abschnitt des Buches „al-Istiḏkār“ von ʼImām Ibn ʽAbd al-Barr – möge Allah sich seiner erbarmen – auseinanderzusetzen. Auf Anraten einiger seiner Lehrer änderte er jedoch das Thema und schrieb seine Doktorarbeit über die Chirurgie und ihre rechtlichen Bestimmungen unter dem Titel „ʼAḥkām al-Ğirāḥah wa l-ʼĀṯār al Mutarattibah ʽalayhā“. Er bestand mit höchster Auszeichnung und es wurde empfohlen, das Werk in Druck zu geben, welches schließlich mehrmals aufgelegt wurde. Der Gelehrte erhielt dafür den Preis für wissenschaftliche Forschung von Madīnah.
Sein Vater und seine Abstammung
Sein Vater ist Muḥammad al-Muḫtār aš-Šanqīṭī, der zu den hervorragendsten Gelehrten zählte. Er lehrte in der Stadt des Propheten – Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm – und in Jeddah, war einer der Gelehrten aus der Linie der Šanāqīṭ und gehörte zu den Bedeutendsten unter ihnen. Er war – wie ein Verwandter berichtete – mit dem großen ʼImām al-Muḫtār Ibn Būnā al-Ğakanī verwandt, einem der großen Gelehrten in der Provinz Šanqīṭ, der vor langer Zeit starb und zahlreiche Werke verfasst hatte, darunter: „Ṭurratu l-ʼAlfiyyah“ und „al-Iḥmirār“, die zu den Besonderheiten unter jenen Werken gehören, die zur arabischen Sprachwissenschaft verfasst wurden. Denn er vervollständigte damit die ʼAlfiyyah von Ibn Mālik und ergänzte sie mit erläuternden Kommentaren zu einzelnen Begriffen und Abschnitten. Es gibt eine erstaunliche Geschichte über ihn, die auf die Gunstbezeugung, die Allah ihm zuteilwerden ließ, hinweist, nachdem einige Zeitgenossen ihm mit Verleumdung, Neid und Ungerechtigkeit begegnet waren. Der Vorfall - den zu erzählen hier jedoch
nicht der Ort ist - ereignete sich, als er im Sterben lag und wird von mehreren Gelehrten überliefert, unter anderem von Scheich Muḥammad. Wer näheres zu seiner Biographie erfahren möchte, der er auf das Buch „Al-Wasīṭ fī Tarāğim ʼUdabāʼi Šanqīṭ“ („Biograpien der Gelehrten von Šanqīṭ“) zurückgreifen. Seine Lehrer Seite 4 von 9Zu den Besonderheiten, die über seinen Vater bekannt sind, gehört, was Scheich Muḥammad von dem Gelehrten ʼImām Muḥammad al-ʽUṯaimīn – möge Allah ihm seine Lagerstatt angenehm machen– berichtete, dass sein Vater nämlich das Buch „al-Bidāyah wa n-Nihāyah“ („Anfang und Ende“) von ʼImām Ibn Kaṯīr – möge Allah sich seiner erbarmen - vollständig auswendig kannte. Unser Scheich wiederholte diese Überlieferung mehrmals und berichtete, dass sein Vater zu den bedeutenden Gelehrten der Geschichtswissenschaft und Genealogie gehörte. Ähnliches erwähnte auch der hochgelehrte Bakr Ibn ʽAbd Aḷḷāh ʼAbū Zayd u.a. in seinem Buch „Ṭabaqāt an-Nassābīn“ („Generationen von Genealogen“). Zu den Vorzügen seines Vaters gehörten Ausdauer und Geduld und ihm wurde angesichts der Prüfungen, die Aḷḷāh ihm an Krankheit und Wechselfällen des Schicksals auferlegte, außerordentliche Geduld gegeben. Im selben Maße wie Heimsuchung und Schmerz bedrückender und qualvoller wurden, wuchs seine Festigkeit in Geduld und Hingabe. Dazu gehörte auch, dass er Betäubungsmittel und Narkotika hasste. Als er einen Unfall hatte, der eine Operation notwendig machte, lehnte er die Narkose ab und so wurde der Eingriff vollzogen und seine Kopfhaut genäht, während er bei vollem Bewusstsein war und er sagte nur, er habe nichts anderes getan, als dabei Aḷḷāhs, des Erhabenen, gedacht. Es gibt hier eine merkwürdige Begebenheit über ihn, die unser Scheich in seinen Vorträgen erwähnte und einen Teil davon berichtete auch der hochgelehrte Muḥammad al-Mağḏḏūb – möge Allah sich seiner erbarmen – in seinem Buch „ʽUlamāʼ wa Mufakkirūn ʽaraftuhum“ („Gelehrte und Denker, die ich kennenlernte“) im dritten Abschnitt, auf das derjenige, der sich damit näher beschäftigen möchte, zurückgreifen möge. Der Vater des Scheichs starb im Jahre 1405h, als sein Sohn 24 Jahre alt war. Während er im Sterben lag, erteilte er ihm die Erlaubnis, selbst Rechtsgutachten zu erstellen und Unterricht zu erteilen. Der Scheich hatte, wie er während seines Unterrichts erzählte, im Alter von 10 Jahren begonnen, bei seinem Vater Unterricht zu nehmen.
Seine Lehrer
Zu den wichtigsten gehören sein Vater, Šayḫ Muḥammad al-Muḫtār aš-Šanqīṭī und Šayḫ ʽAbd al-ʽAzīz Ibn Bāz.
Wissen, Lehre und Verdienst
Was seine Kenntnisse, seinen Verdienst und seine Frömmigkeit betrifft, so wissen all jene darüber Bescheid, die den Scheich selbst kannten oder die von ihm hörten und in deren Herzen er wegen des Wissens, das sie von ihm vernahmen und wegen seiner Verdienste und seiner Frömmigkeit, die sie an ihm erfuhren, einen festen Platz fand. Seine äußere Erscheinung zeugt von dem, was über ihn berichtet wird. Keiner sieht ihn, ohne dabei Aḷḷāhs, des Erhabenen, zu gedenken. Sein Gesicht ist rein, sein Antlitz heiter, sein Mund lächelt, seine ausgeprägte Stirn lässt die Spuren derWissen, Lehre und Verdienst Seite 5 von 9 Niederwerfung erkennen und seine Schneidezähne weisen eine Spalte auf, die seinen Anblick schmückt. So strahlen seine Gegenwart und seine Haltung vor allem Frömmigkeit und Rechtleitung aus. Was die Berichte über sein umfangreiches Wissen betrifft, so bedarf es diesbezüglich keiner großen
Beweise oder Bestätigungen, denn wer den Unterricht und die Vorlesungen des Scheichs gehört hat, der kennt die Fülle seines Wissens, die Präzision seines Verstandes, den Umfang seines Studiums und seine weitreichende Quellenkenntnis. Er studierte bei seinem Vater Rechtswissenschaft (Fiqh), Ḥadīṯwissenschaft und Qurʼānerläuterung. Zu den Werken, die er durchnahm, gehörten unter anderem: Die sechs bedeutenden Ḥadīṯsammlungen und die Erläuterung des Qurʼān wiederholte
Male, zahlreiche Texte zur Rechtslehre und deren Grundlagen, zu den Grundlagen der Ḥadīṯwissenschaft und der Glaubenslehre und anderes. Ebenso besitzt er ein erstaunliches Wissen um die Methoden der Rechtsgelehrten und ihre Aussagen. Er ließ sich darum auch das Buch „Bidāyah al-Muğtahid wa Nihāyah al-Muqtaṣid“ von Ibn Rušd herbeiholen. Kaum eine Fragestellung, zu der er nicht die dazu bestehenden Meinungen der Gelehrten, deren Rechtsschule und Beweise anführt. Damit aber begnügt er sich nicht, sondern ergänzt seine Darstellung auch durch die Gewichtung und den Vergleich der Aussagen und dies in einer Weise, die seine natürliche Begabung des Erfassens der Absicht einer Aussage erkennen lässt. Unser Scheich verlässt er sich einzig auf das, was durch Beweis bestätigt ist und aufgrund des Vergleichs der Aussagen mehr Gewicht hat. Selten nur passiert es, dass er für seinen Unterricht Vorbereitungen macht oder etwas nachschlägt, sondern er kommt zu den Zusammenkünften, jemand liest vor und seine Worte fließen sodann dahin wie ein rauschender Strom. Erst sein Schweigen zeigt an, dass der Unterricht beendet ist. Seine Methode des Unterrichts folgt der ausführlichen Darstellung der Werke zur Rechtslehre, wo eine Frage und ihre Details in der Anwendung eingehend und gewissenhaft angeführt werden. So ordnet sein Unterricht die Kapitel der Rechtslehre nach Grundlagen (ʼUsūl) und Zweigen (Furūʽ). Bei jeder Frage führt er die Meinungen der Gelehrten und ihre Beweise zahlreich dazu an. Danach erwähnt er die bestehenden Antworten, Widerlegungen und Diskussionen dazu. Bis er schließlich zu dem gelangt, was er selbst für gewichtiger hält, auch den Grund für diese seine Entscheidung darlegt und auf die übrigen Argumente antwortet. All das ist für ihn ein Leichtes und bereitet ihm keinerlei Mühe. Auch gehört es zu seiner Unterrichtsmethode, es niemandem zu erlauben, den Unterricht durch Fragen oder sonstiges zu unterbrechen. Dies einerseits, um den Respekt vor dem Wissen zu wahren, andererseits aber auch, um den jeweiligen Gedankengang nicht zu stören und durch Zwischenfragen Verwirrung zu stiften. Er achtet auf angemessenes Verhalten während des Unterrichts und so verärgert es ihn oft - aus Ehrerbietung gegenüber dem Wissen - wenn jemand Bücher auf den Boden legt. Genauso Werke Seite 6 von 9 verabscheut er es, wenn jemand den Siwāk während des Unterrichts verwendet, weil dies eine Ablenkung darstellt. Die Lektüre des Scheichs ist reichlich und er hegt eine besondere Sorgfalt um Bücher und deren Kenntnis. Er besitzt eine umfassende Bibliothek, vieles darin erbte er von seinem Vater und es finden sich darunter kostbare und seltene Editionen. Ein Freund unter den Studenten erzählte, dass er mit ihm einmal über eine bestimmte Frage diskutierte und er dabei den Scheich darauf hingewiesen habe, dass auch Ibn Taymiyyah seiner Auffassung gewesen wäre. Da sagte unser Scheich: „Ich habe die Fatāwā (von Ibn Taymiyyah) drei Mal gelesen und ich bin dabei nirgends auf diese Aussage gestoßen.“ Wenn er die Fatāwā drei Mal gelesen hat, wie verhält es sich dann erst mit anderen Büchern und Schriften? Zu den merkwürdigen Begebenheiten, die einem seiner Schüler mit ihm passiert sind, gehört, dass er einmal gut gelaunt zum Gelehrten kam. Er wollte ihn in einer Rechtsfrage von einem bestimmten Argument überzeugen. Da sagte er lächelnd: „Die Antwort dazu findest du in „Šarḥ Muḫtaṣar al-Ḫarqī“ von ʼImām az-Zarkašī.“ Dieses Werk war erst vor kurzem gedruckt worden und er war erstaunt, dass er es bereits so schnell gelesen hatte, geschweige denn,sich damit auch beschäftigt hatte! Darüber hinaus zeigt der Scheich Standhaftigkeit, Geduld und Stärke in der Verbreitung des Wissens, denn er führte wöchentlich drei Unterrichte, in denen er sich mit der Rechtslehre beschäftigte. Einen in Jeddah, einen in Makkah und einen weiteren in Madīnah. Er kam zu diesen Unterrichten auf dem Landweg, alleine mit seinem Auto. Es geschah nur selten, dass er in Jeddah übernachtete. Sein Unterricht in Mekka über das Buch „Zād al-Mustaqniʽ“ fand jeden Dienstag statt. Wenn er damit fertig war, fuhr er manchmal nach Madīnah und am Tag darauf nach Jeddah, um dort seine Erläuterung von „Sunan at-Tirmiḏī“ vorzutragen. War diese beendet, kehrte er wieder nach Madīnah zurück, weil er jeden Donnerstag in der Prophetenmoschee eine Vorlesung über das Werk „ʽUmdat al-ʼAḥkām“ hielt. So verläuft sein Leben, er ist ständig unterwegs und bemüht sich auf dem Weg des Wissens und seiner Verbreitung, trotz seiner Krankheit und schwachen Gesundheit. Selten hat er einen Begleiter auf seinen Fahrten, denn er will keinem seiner Studenten oder Gefährten zur Last fallen. Wenn es doch passiert, dass ihn jemand begleitet, so nimmt er diesem das Versprechen ab, dass er, der Scheich, alle Ausgaben tragen würde, selbst wenn der andere ein Prinz wäre. Willigt er ein, dann ist es gut. Wenn nicht, dann entschuldigt sich der Scheich klar und deutlich, dass er ihn zurückweisen müsse.
Werke
- ʼAḥkām al-Ğirāḥah aṭ-Ṭibbiyyah wa l-Āṯār al-Mutarattibah ʽalayhā“ (Doktorarbeit)
- Al-Qadḥ fī al-Bayyinah fī al-Qaḍā‘ (Nicht veröffentlichte Magisterarbeit) Aussagen anderer Gelehrter über ihn Seite 7 von 9
- Maʽālim Tarbawiyyah li-Ṭālibī ʼAsnā al-Wilāyāt aš-Šarʽiyyah (Einige Vorlesungen des
Scheichs, die einer seiner Studenten aufzeichnete, diesem vorlegte und deren
Veröffentlichung dieser für zweckmäßig hielt.)
- Šarḥ Bulūġ al-Marām (Eine nicht vollständige Erläuterung, die teilweise veröffentlicht wurde)
- Šarḥ Zād al-Mustaqniʽ fī Iḫtiṣār al-Muqniʽ (Eine Audioaufzeichnung auf deren Grundlage er zwei Bücher über die Reinheit und das Gebet veröffentlichte)
Aussagen anderer Gelehrter über ihn
ʽAbd al-ʽAzīz Ibn Bāz (gest. 1999) sagte über ihn: „Er ist ein Gelehrter und Sohn eines Gelehrten.“ Der ehrenwerte Scheich ʽAbd al-Muḥsin al-ʽAbbād wurde in der Nacht des 22. Ḏū l-Qaʽdah 1429 über das Studium bei ihm befragt und er sagte: „Ich rate dir, von ihm zu lernen.“ Als jemand sagte: „Es heißt über ihn, er sei ein Ṣūfī!“ Da entgegnete er: „Lass dieses Gerede!“ Der Gelehrte ʽAbd al-Muḥsin al-ʽAbbād wurde noch einmal am 02.02.2014 von einem Studenten gefragt: „As-Salāmu ʽalaykm Šayḫ! Ich bin hier (d. h. in Madīnah) ein neuer Student. Ich möchte hier lernen, weiß aber nicht viel über die Gelehrten. Ich hatte vor, bei Scheich Muḫtār Šanqīṭī zu lernen,aber manche Studenten haben mir nicht empfohlen, bei ihm Unterricht zu nehmen, weil irgendetwas mit ihm nicht stimme.“ Der Scheich fragte: „Meinst du Muḥammad Muḫtār?“ Er sagte: „Ja!“ Da sagte Scheich ʽAbdul-Muḥsin: „Lern bei ihm! Lern!“ Als ihm am die Stellung des „Muftis von Madīnah“ angeboten wurde, ließ er sich entschuldigen und lehnte das Angebot ab. Er sprach darüber am 28.10.1434 (4.9.2013).
Der Scheich über sich selbst
Es ist schwierig, über sich selbst zu erzählen. Aber wenigstens ein paar Dinge möchte ich erwähnen und bitte Aḷḷāh, den Allgewaltigen, mich im Jenseits nicht dafür zu bestrafen, diese Darstellung mit derlei Berichten gefüllt zu haben. Was mein eigenes Studium betrifft, so bitte ich Aḷḷāh, meinen Vater dafür reichlich zu belohnen. Ich danke Allah, segensreich und erhaben ist Er, dass Er es geschehen ließ, dass mein Vater mir solchen Nutzen erweisen konnte und wäre nicht die Güte Aḷḷāhs, so wäre dem Diener all dies nicht zuteilgeworden. Mein Vater – möge Allah sich seiner erbarmen – war stets bedacht darauf, mich zu den Zusammenkünften in der Heiligen Moschee mitzunehmen und während seines Unterrichts anwesend zu sein. Seit ich klein war, hatte er mich mitgenommen, sodass ich sogar manchmal – da ich ja noch ein Kind war – während des Unterrichts in seinem Schoß einschlief, denn er begann Der Scheich über sich selbst Seite 8 von 9 damit erst, nachdem alle Pflichtgebete beendet waren. Nur zur Zeit des Nachmittagsgebets hielt er manchmal einen Unterricht ab. Als ich fünfzehn war, trug er mir auf, vor ihm zu sitzen und seinem Unterricht in der Heiligen Moschee als Student zu folgen. So begann ich bei ihm mit Sunan atTirmiḏī mit einer Gruppe von Studenten in der Moschee des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm. Er wollte meine Entschlossenheit fördern und hatte den besten Eindruck von mir und ich bitte Aḷḷāh, den Allgewaltigen, dass seine Erwartung mir gegenüber nicht enttäuscht wird. So begann ich mit dem Studium von Sunan at-Tirmiḏī, dann folgte al-Muwaṭṭaʼ, das ich bei ihm abschloss und darauf folgte Sunan Ibn Māğah. Er starb jedoch, bevor ich dieses Werk bei ihm abschließen konnte. Ich bitte Allah, ihm darum den Lohn für das gesamte Werk zu verzeichnen. Das war der erste Unterricht, also jener nach dem Maġrib-Gebet. Dann kam ein Student zu ihm, der bei ihm Unterricht in der Sprache nahm. Nach diesem ein anderer, der bei ihm Rechtslehre studierte und ich blieb währenddessen bei ihm. Nach dem Abendgebet studierte ich bei ihm Ṣaḥīḥ Muslim und ich las dieses Werk komplett durch, begann dann ein zweites Mal, gegen Ende aber starb er. Zu
den Merkwürdigkeiten, an die ich mich erinnere, gehört, dass er starb, als wir beim Kapitel „Der Vorzug des Todes“ angelangt waren.Er wurde in Madīnah begraben. Ich erinnere mich, dass er am Ende dieser Lektion ein Bittgebet sprach, was er sonst zu diesem Zeitpunkt niemals tat. Ich hatte diesen Ḥadīṯ von al-Buḫārī und Muslim fast vier Mal gelesen und ich erinnere mich nicht, dass er je ein Bittgebet gesprochen hätte, außer bei der letzten Sitzung seines Lebens. Er war damals gesund und in keiner Weise beeinträchtigt. Nachdem er die Gunst des Todes in Madīnah erwähnt hatte und die Aussagen der Gefährten dazu, sagte er: „Ich bitte Aḷḷāh, dass Er uns dies nicht vorenthalten möge.“ Die Anwesenden sagten „ʼĀmīn“ und zogen dabei die Blicke auf sich, denn es waren so viele, dass es dem ʼĀmīn der Betenden in der Heiligen Moschee glich. In der Morgendämmerung unterrichtete er bis die Sonne aufging. Nach dem Mittagsgebet studierte ich bei ihm Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, bis ich auch dieses Werk vollständig gelesen hatte. Dann begann ich es ein zweites Mal zu lesen und er starb, bevor ich es bei ihm abschließen konnte. Was meine besonderen Studien bei ihm betrifft, so studierte ich hinsichtlich der Rechtslehre „Matn ar-Risālah“, bis ich es abgeschlossen hatte und zahlreiche Fragen aus „Bidāyah al-Muğtaḥid“, die ich niederschrieb. Das Wissen meines Vaters – möge Allah sich seiner erbarmen - um die Unterschiede in den Rechtsurteilen der Gelehrten war umfassend, sodass keiner nach ihm ihn darin übertraf. Was die Wissenschaft um die Grundlagen der Rechtslehre betrifft, so studierte ich auch diese bei ihm, er lehnte aber übermäßiges Diskutieren und die Beschäftigung mit der Logik, die Bestandteil derselben sind, ab und wenn ich die Logik ins Spiel brachte, sagte er immer: „Steh auf!“, und verscheuchte mich. Denn er war der Ansicht, dass sie verboten sei, und das war auch die Auffassung Der Scheich über sich selbst Seite 9 von 9 einiger anderer Gelehrter, obgleich manch andere Gelehrte eine Fallunterscheidung machen, wie z. B. Šayḫ al-ʼIslām. Was ich damit sagen möchte ist, dass ich bei ihm die Grundlagen der Rechtslehre unter dem Aspekt von Logik und Widerspruch nicht studieren konnte. Ich schloss daher dieses Studium bei einigen Gelehrten ab, die darin kenntnisreich waren und hoffe, dass dies ein Ersatz für das ist, worin ich
nicht von meinem Vater unterrichtet wurde. Was Ḥadīṯwissenschaften betrifft, so studierte ich bei ihm einige Abhandlungen in Versen, unter anderem „al-Bayqūniyyah“ und „aṭ-Ṭalʽah“, ebenso wie „Tadrīb ar-Rāwī“. Während des Ramaḍān hielt er Vorlesungen zu „al-Bidāyah wa n-Nihāyah“. Sein Geschichtswissen war erstaunlich, sodass selbst Scheich Muḥammad al-ʽUṯaimīn sagte: „Dein Vater kannte ‚al-Bidāyah
wa n-Nihāyah‘ auswendig.“ Ebenso war sein Wissen um die Genealogie weitreichend und die Wahrheit ist, dass ich diesbezüglich zurückblieb und dieses von ihm nicht übernahm. Aḷḷāh aber weiß, dass mich allein die Furcht davor abhielt, dass jemand kommen und sagen könnte: „Dieser Stamm stammt von diesem und jenem ab!“ So dass man letztendlich die Bürde der Abstammung ganzer Völker trägt - eine Sorge, die ich entbehren konnte. Aber – aller Lobpreis gebührt Aḷḷāh – Rechtslehre, Ḥadīṯ und jene Wissenschaften, die ich bei ihm studierte, sind nützlicher als alles andere.
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