22-01-2012, 11:41 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23-01-2012, 12:16 AM von Umm Abderrahman.)
Frage (Nr. 83997):
Ich bin eine 23-jährige Frau und, um ehrlich zu sein, ich bete nicht. Falls ich es doch einmal tue, dann verrichte ich nicht alle obligatorischen Gebete. Ich höre außerdem Musik, was mich allerdings in eine schlechte Stimmung versetzt. Ich möchte Allah gehorchen und ich fürchte Ihn; ich bin stolz eine Muslima zu sein, mein Gott ist Allah allein, ohne Partner, und ich liebe den Propheten Muhammad und seinen Lebensweg. Es berührt mich, wenn ich davon höre. Alles Lob gebührt Allah, Der mich in diesem Jahr mit einer `Umrah ehrte, worüber ich sehr glücklich bin, doch ich merke, dass ich hartherzig bin und dass es keinen Unterschied zwischen mir und den Ungläubigen gibt, da ich nicht bete. Ich habe viele Male versucht, am Gebet festzuhalten, doch ich verstehe nicht, warum dies alles mit mir geschieht. Lange Zeit habe ich nicht gebetet und ich bin unwissend über viele islamische Angelegenheiten. Ich habe das Gefühl, dass Allah keine meiner guten Taten akzeptieren wird, weder Gebete, Zakāh, `Umrah noch irgendeine andere Pflicht, die ich erfülle und dass sich mein Schicksal bestimmt in der Hölle erfüllt. Ich brauche jemanden, der mich bei der Hand nimmt, mich ermahnt und mir hilft, diesen üblen Weg zu verlassen – ich hasse es, in dieser Lage zu sein! Außerdem gibt es ein weiteres Problem, denn ich habe im Ramadān ohne Entschuldigung einige Tage nicht gefastet. Offen gestanden, bin ich noch nicht einmal sicher, ob diese Tage im Ramadān oder im Schawwāl waren, da es eine Gewohnheit bei uns zu Hause ist, in jedem Jahr die sechs Tage des Schawwāl zu fasten - ich bin sehr verwirrt. Dies ist mir passiert, als ich weit entfernt vom richtigen Weg war und ich weiß, dass Allah das Fasten desjenigen, der es ohne Rechtfertigung tagsüber im Ramadān bricht, niemals annimmt und man muss dafür Buße tun. Was also habe ich zu tun? Ich brauche dringend Hilfe und bin sehr verzweifelt.
Antwort:
Alles Lob gebührt Allah.
Es ist zunächst einmal essentiell wichtig, den Grund für das Problem zu bestimmen, dann kannst du vorankommen und es bewältigen. Wenn du uns bittest, dir bei der Bestimmung des Problems zu helfen, so sagen wir dir, dass das Problem an dir selbst liegt und an nichts sonst. Die dir angebotene Hilfe wird dir solange nichts nutzen, bis du selber Schritte in Richtung der Rettung machst.
Die von dir in deiner Frage ausgedrückten Gefühle bestätigen, dass Elemente der Rechtleitung bei dir vorhanden sind, denn der Gläubige ist derjenige, der sich selbst zur Rechenschaft zieht und der sich selbst tadelt und es scheint, dass du dies tust.
Der Gläubige ist erschreckt über seine Schwächen und Sünden und er betrachtet sie wie einen Berg, der auf ihn stürzen könnte. Es scheint, dass du eben so empfindest.
Der Gläubige schätzt seinen Islam und Glauben sehr hoch, er ist stolz darauf, zu dieser großartigen Religion zu gehören und er liebt seinen Propheten Muhammad (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) – und dein Brief zeigt dies deutlich.
Wie also können all diese Qualitäten bei jemandem vorhanden sein, der gerade der wichtigsten religiösen Pflicht, dem Gebet, nicht gerecht wird?
Wir haben keine andere Erklärung dafür, außer mangelnde Selbstbeherrschung und Disziplin. Das Verrichten des Gebets nimmt nicht viel Zeit in Anspruch und kostet keine große Anstrengung. Es sind lediglich ein paar Minuten, in denen der Mensch allein ist mit seinem Herrn, Ihn darum bittend, seine Bedürfnisse zu stillen, sich bei Ihm über die schwere Last der weltlichen Angelegenheiten beklagend und seine Sehnsucht nach Ihm und Seiner Barmherzigkeit ausdrückend.
Wenn wir den Aufwand dieser wenigen Minuten nicht ertragen, dann können wir in unserem Leben niemals erfolgreich sein. Selbstbeherrschung erfordert Einsatz und Entschlossenheit und unser Herr hat uns Muslimen nicht mehr auferlegt, als wir ertragen können, vielmehr hat Er uns nicht einmal etwas auferlegt, das zu schwierig für uns ist. Er liebt es, unsere Reue zu akzeptieren und macht die Dinge leichter für uns.
Allah sagt (ungefähre Bedeutung): „… Allah will für euch Erleichterung; Er will für euch nicht Erschwernis, …“ (2:185) und „Allah will euch Klarheit geben (über das, was erlaubt ist, und das, was verboten ist) und euch rechtleiten nach den Gesetzmäßigkeiten derer, die vor euch waren, und eure Reue annehmen. Allah ist allwissend und allweise. Und Allah will eure Reue annehmen; diejenigen aber, die den Begierden folgen, wollen, dass ihr (vom rechten Weg) völlig abweicht. Allah will es euch leicht machen, denn der Mensch ist (ja) schwach erschaffen.“ (4:26-28).
Das Gebet ist eine Gnade, die Allah uns in Seiner Großzügigkeit und Barmherzigkeit auferlegt hat. Derjenige, der daran festhält und regelmäßig und richtig betet, wird die Großzügigkeit Allahs erkennen, die Er für uns bestimmt hat, und er wird verstehen, dass der wirklich Benachteiligte derjenige ist, der sich selbst dem Genuss des Kontakts mit Allah, erhaben ist Er, entzieht.
Es wurde von Abu Hurayrah (möge Allah mit ihm zufrieden sein) überliefert, dass der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) sagte: „Das Gebet ist das beste aller vorgeschriebenen Dinge, deshalb lasst denjenigen, der in der Lage ist viel davon zu verrichten, dies tun.“ (al-Tabarāni #1/84; von al-Albāni in Sahīh al-Targhīb #390 als sahīh klassifiziert).
Sieh, was Allah nach den Versen sagt, in denen Er die Reinigung für das Gebet vorgeschrieben hat (ungefähre Bedeutung): „… Allah will euch keine Bedrängnis auferlegen, sondern Er will euch reinigen und Seine Gunst an euch vollenden, auf dass ihr dankbar sein möget.“ (5:6).
Der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm), den du liebst und dessen Lebensweg du liebst, sagte: „Meine Freude liegt im Gebet.“ (al-Nasā’i #3940; von al-Hāfiz ibn Hajar in al-Talkhīs al-Habīr #3/116 als hasan eingestuft und von al-Albāni in Sahīh al-Nasā’i als sahīh).
Wie kann der Gläubige einwilligen, diese Güte und diesen Segen zu verpassen?
Ibn al-Qayyim (möge Allah ihm barmherzig sein) sagte: „Ach, wie kann jemand seine Zeit und sein Leben verbringen, während ihm eine solche Wohltat entgeht, und er verlässt diese Welt so, wie er sie betrat, ohne von dem Besten, was sie zu bieten hat, gekostet zu haben und er verbrachte sein Leben auf ihr wie ein dummes Tier und verlässt sie wie jemand, der ruiniert ist. Er lebte ein Leben in Hilflosigkeit, er starb einen Tod in Trauer und seine Auferstehung wird aus Verlust und Bedauern bestehen. Oh Allah, Lob sei Dir, Du bist der Eine, Dessen Hilfe wir erbitten, Deinen Beistand erflehen wir, in Dich legen wir unser Vertrauen und es gibt keine Kraft oder Macht außer bei Dir.“ (Tarīq al-Hijratayn Seite 327)
Ich sage dies nicht zu dir, um die Verzweiflung, die du verspürst, zu vermehren, sondern damit du dich darum bemühst sie loszuwerden. Sie hat dich nur befallen, weil du die leichteste aller Pflichten nicht erfüllt hast und du bist deshalb erst recht unfähig, andere zu erfüllen.
Du solltest in deinem Leben keinen Raum für Verzweiflung im Hinblick auf Allah lassen. Du musst verstehen, dass Er diejenigen, die verzweifelt sind, hasst (ungefähre Bedeutung): „… Wer verliert die Hoffnung auf die Barmherzigkeit seines Herrn außer den Irregehenden?“ (15:56) und Er liebt diejenigen Seiner Diener, die optimistisch auf Seine Gnade und Gunst hoffen. Mit Seiner gewaltigen Güte vergibt Er schlechte Taten und verzeiht Fehler, wie Er sagt (ungefähre Bedeutung): „außer demjenigen, der bereut, glaubt und rechtschaffene Werke tut; jenen wird Allah ihre bösen Taten gegen gute eintauschen; und Allah ist stets allvergebend und barmherzig. Und wer bereut und rechtschaffen handelt, der wendet sich in wahrhaftiger Reue Allah zu.“ (25:70-71).
Ein weiser Mann sagte: „Nichts bringt Hoffnung außer guten Taten.“ Du wirst der Falle der Verzweiflung, in die der Schaytān dich gelockt hat, niemals entkommen können, bis du damit beginnst, dich zu bemühen und versuchst, dich selbst dazu zu bringen, rechtschaffen zu werden, selbst wenn du es am Anfang nicht vollständig schaffst.
Allah sagt (ungefähre Bedeutung): „… Und gebt nicht die Hoffnung auf das Erbarmen Allahs auf. Es gibt die Hoffnung auf das Erbarmen Allahs nur das ungläubige Volk auf.“ (12:87).
Hoffnung bedeutet, dass eine Person für das, was sie erhofft, hart arbeiten und sich bemühen muss, doch Verzweiflung bedeutet, dass sie lustlos und langsam wird. Das Beste, worauf der Mensch hoffen kann, ist die Großzügigkeit, Güte, Gnade und Gunst Allahs.
„Es gibt die Hoffnung auf das Erbarmen Allahs nur das ungläubige Volk auf.“ – aufgrund ihres Kufr. Sie glauben, die Gnade Allahs sei unwahrscheinlich und Seine Barmherzigkeit sei weit entfernt von ihnen. Sei also nicht wie die Kuffār. Dadurch wird bestätigt, dass je mehr Glaube jemand hat, desto mehr Hoffnung wird er auf die Gnade und die Gunst Allahs haben. (Tafsīr ibn Sa`di)
Das Erste für dich ist, darauf wert zu legen, die Gebete regelmäßig und pünktlich zu verrichten, so wie du wert auf andere weltliche Angelegenheiten wie Essen, Trinken, Studieren, Heirat etc. legst. Jeder Handlung gehen Gedanken und Überlegungen voraus. Einer der früheren Generationen bemühte sich sehr um viele nāfil Gebete, bis Thābit al-Banāni (möge Allah ihm barmherzig sein) sagte: „Ich bemühte mich 20 Jahre lang intensiv darum, Qiyām al-Layl (zusätzliches Gebet in der Nacht) zu verrichten und ich genoss es für die nächsten 20 Jahre.“
Diese Gedanken und Überlegungen reichen nicht aus, bis du dich auf Mittel konzentrierst, die dir dabei helfen, regelmäßig zu beten, und bis du über Wege nachdenkst, die dich an dem, was Allah zur Pflicht gemacht hat, festhalten lassen. Der Mensch besitzt die großartige Fähigkeit, die Mittel, die ihm helfen, das zu tun, was immer er will, auszuwählen.
Strebe danach, sofort aufzustehen, sobald du die Stimme des Mu’adhdhin den Takbīr sagen hörst, und denke daran, dass Allah größer ist als alles auf dieser Welt, was dich ablenken könnte. Dann geh zu deinem Gebetsplatz und bete, was Allah dir auferlegt hat. Vergiss nicht, das von unserem Propheten (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) überlieferte Du`ā zu sagen: „Allahumma a’inni ‘ala dhikrika wa schukrika wa husni ‘ibādatika (Oh Allah, hilf mir, Deiner zu gedenken, Dir zu danken und Dir angemessen zu dienen)“.
Du sagst, dass deine Familie bestrebt ist, die sechs Tage des Schawwāl zu fasten und dies ist ein Zeichen von Güte und Rechtschaffenheit. Es wird dir helfen, die Gebete zur rechten Zeit zu verrichten, wenn du deine Mutter und deine Geschwister aufstehen siehst. Gelobt sei Allah dafür; wie viele Beschwerden kommen von Kindern, deren Familien sie schlagen, um sie vom Gebet und vom Hijāb abzuhalten, doch Allah hat dich mit einer Familie geehrt, die dir helfen kann, Ihn zu fürchten.
Bleibe in Kontakt mit Frauen, die beten und die rechtschaffen sind und bitte sie darum, dir mit dem Gebet zu helfen, dich daran zu erinnern und dich dazu zu ermahnen. Dies wird dir die beste Hilfe sein.
Letztendlich hüte dich vor den Sünden, denn sie sind die Wurzel aller Probleme. Eine Sünde führt zur nächsten, bis sie sich sammeln und einen Menschen zerstören, es ihm zu schwierig machen zu beten und ihn von dessen Licht und Segen fernhalten. Wir bitten Allah darum, uns sicher und gesund zu halten.
Ibn al-Qayyim (möge Allah ihm barmherzig sein) sagte: „Sünden erzeugen weitere Sünden und eine führt zur nächsten, bis sie einen Mann überwältigen und er es schwierig findet, davon abzulassen. Einer der früheren Generationen sagte: `Eine der Strafen für schlechte Taten sind weitere schlechte Taten und eine der Belohnungen für gute Taten sind weitere gute Taten.`“ (Al-Jawāb al-Kāfi Seite 36).
Zweitens:
Zu deiner Frage über das Fasten des Ramadān und dass du dir unsicher bist, ob du einige Tage ohne Entschuldigung nicht gefastet hast, sagen wir dir: Schenke diesen Zweifeln keine Aufmerksamkeit, wenn es dir am wahrscheinlichsten erscheint, dass du diese gottesdienstliche Tat zur rechten Zeit mit deiner Familie verrichtet hast. Etwas für am wahrscheinlichsten zu halten ist notwendig, um jemandes Pflicht als erfüllt zu betrachten und anschließende Zweifel werden außer Acht gelassen.
In Fatāwa al-Lajnah al-Dā`imah (7/143) heißt es: „Zweifel nachdem Tawāf, Sā`i und Gebet beendet wurden, sollten ignoriert werden, denn es scheint der Fall zu sein, dass die Handlungen der Anbetung gültig sind.“
Scheikh ibn `Uthaymīn (möge Allah ihm barmherzig sein) sagte: „Wenn der Zweifel nach Beendigung der gottesdienstlichen Handlung aufkommt, dann sollte ihm keine Beachtung geschenkt werden, solange es bezüglich dieser Angelegenheit keine Sicherheit gibt.“ (Majmū’ Fatāwa al-Scheikh al-`Uthaymīn 14/746).
Weiterhin, wenn das Fasten ohne Rechtfertigung missachtet wird, so muss es nicht nachgeholt werden und es muss keine Buße getan werden, vielmehr muss derjenige bereuen und um Vergebung bitten, wie es bereits in der Antwort zu Frage Nr. 50067 erläutert wurde.
Ich bitte Allah darum, deine Belohnung zu bestimmen, dich standhaft an der Wahrheit und am Islam festhalten zu lassen und dich vor dem verwünschten Schaytān zu beschützen.
Und Allah weiß es am besten.
Islam Q&A