Hadsch in der vorislamischen Zeit

Hadsch in der vorislamischen Zeit

Dr. Bilal Philips

 

Die Pilgerfahrt und ihre Riten wurden zuerst durch Allah in der Zeit des Propheten Ibrahim eingeführt. Im Laufe der Zeit jedoch wurden sowohl die Form als auch die Absicht der Hadsch-Riten geändert. Der Prozess der Verfälschung erreichte seinen Höhepunkt mit der Verehrung von Götzen in der Kaaba, wie bereits erwähnt wurde. Viele Hauptstämme und ihre Verbündeten und Sklaven pflegten nach Mekka zu kommen und dort getrennt zu lagern. Dichter lobten den Mut, den Ruhm, die Ehre, die Kraft und die Wohltat ihrer Mitstammesangehörigen. Sie verspotteten auch die anderen Stämme, indem sie übertriebene Märchen über Feigheit, Knauserigkeit und Schwäche erfanden. Konkurrenzen in der Wohltat wurden auch inszeniert. Um seine Überlegenheit zu behaupten, stellte der Chef jedes Stammes riesige große Kessel auf, schlachtete zahlreiche Kamele und kochte das Fleisch, das dann für die "Pilgerer" frei verteilt wurde. Das alleinige Ziel dieser äußersten Wohltat war ihr Ansehen in ganz Arabien zu erhöhen, indem öffentlich gemacht wurde, dass diese Person so und so viele Kamele schlachtete und Essen an so und so viele Menschen ausgab. Das Singen, das Trinken, der Ehebruch und die verschiedenen Arten der Unmoral erreichten ihren Höhepunkt und bei kaum jemandem kam der Gedanke an Gott auf.

 

Der religiöse Ritus des Tawaf (das Umkreisen der Kaaba) wurde auf einen Zirkus reduziert. Frauen und Männer umkreisten die Kaaba, in dem sie den Tawaf splitternackt durchführten. Sie sagten: "Wir werden uns Gott in derselben Weise zeigen, in der unsere Mütter uns zur Welt brachten." Das Gebet in der Moschee von Ibrahim wurde durch Klatschen, Pfeifen und Blasen in Hörner begleitet. Gottes Name wurde im Bittgebet der Talbiyah: „Labbayka Allahumma Labbayk“ : „Hier bin ich zu Deinen Diensten, oh Allah, hier bin ich zu Deinen Diensten“.) ausgesprochen, jedoch wurde sogar dieser Ausdruck der Verehrung Gottes wie folgt verdreht: "Keiner ist Dein Partner außer demjenigen, dem es von Dir erlaubt wird. Du bist ihr Meister und der Meister dessen, was Du besitzt."

 

Opfer wurden zwar in Allahs Namen dargebracht; jedoch wurde das Blut der geopferten Tiere auf die Wände der Kaaba verteilt im Glauben daran, dass Allah Fleisch und Blut forderte. Sogar die vier Monate von Hadsch (Shawwal, Dhul-Qa'dah, Dhul-Hidschdschah und Muharram), welche der Prophet Ibrahim als heilig und frei vom Krieg und Blutvergießen erklärt hatte, waren vor ihrem Herumbasteln nicht sicher. Spätere Generationen zeigten wenig Rücksicht auf die Heiligkeit dieser Monate, und als sie kämpfen wollten, verwandelten sie einen heiligen Monat in einen gewöhnlichen Monat des Jahres und ersetzten ihn dann im nächsten Jahr.

 

Einige Menschen, die guter Absicht in der Religion waren, pflegten zur Hadsch ohne jegliche Versorgung für die Reise aufzubrechen, und reisten dorthin, indem sie um Essen auf dem Weg bettelten. Sie dachten, dass diese Form des Bettelns ein Akt der Frömmigkeit sei. Sie behaupteten, dass sie Mutawakkilun seien (diejenigen, die volles Vertrauen in Gott haben), und dass sie zum Haus Gottes deshalb weitergingen, da sie nicht im Bedürfnis nach weltlichen Materialien waren. Geschäfte machen oder das Arbeiten für jemandes Lebensunterhalt während der Hadsch-Reise wurde als ungesetzlich betrachtet. Andere pflegten sich des Essens und Trinkens während der Hadsch zu enthalten, und betrachteten diese Enthaltung als einen Teil der Anbetung, während wiederum andere vom Anfang der Hadsch, bis zu ihrem Ende sich des Sprechens enthielten.

 

Diese verfälschten Hadsch Riten wurden an die zweieinhalbtausend Jahre weiter ausgeübt. Kein arabischer Prophet war während dieser langen Periode geboren, noch erreichten die reinen Lehren von Propheten die Leute Arabiens. Schließlich kam die Zeit, das Du'a (Gebet) des Propheten Ibrahim zu gewähren, die er gemacht hatte, als er die Wände der Kaaba hochzog.

 

Unser Herr, lass unter ihnen einen Gesandten aus ihrer Mitte erstehen, der ihnen deine Zeichen verliest und sie das Buch und die Weisheit lehrt und sie läutert. Du bist der Mächtige, der Weise.(2:129)

 

Folglich entsprang ein Mann aus der Nachkommenschaft von Ibrahim, dessen Name Muhammad ibn 'Abdullah war. Der Prophet Muhammad (sallahAllahu ´alaihi wa sallam) belebte dieselbe, wahre und reine Religion wieder, die dem Propheten Ibrahim offenbart wurde. Im Laufe von 21 Jahren vollendete er die Mission, die Kaaba zu reinigen und die Religion von Allah als das Gesetz des Landes wieder herzustellen, und er ernannte die Kaaba erneut als das universale Zentrum der Anbetung eines einzigen, wahren Gottes.

 

Zusammen mit dem Wiederaufleben der Hadsch wurde das ganze abweichende und abgöttische Brauchtum der Periode der Unwissenheit, die zügellos seit der Zeit des Propheten Ibrahims geworden war, völlig beseitigt. Alle Götzen in der Kaaba wurden zerschlagen und das Anbeten eines anderen außer Allah wurde gestoppt und verboten. Alle erfundenen Rituale wurden beseitigt und keine Messen und Volksfeste wurden angehalten. Außerdem wurde befohlen, dass die Anbetung von Allah nur auf die vorgeschriebene Weise ausgeführt werden darf. Der Prophet(sallahAllahu ´alaihi wa sallam) sagte: "Haltet eure (Hadsch-) Riten von mir fern."

 

Alle unmoralischen Handlungen wurden auf Befehl Allahs strengstens verboten.

 

Wer sich von ihnen zur Hadsch entschlossen hat, der enthalte sich des Beischlafs und begehe weder Frevel noch unziemliche Rede während der Hadsch. (2:197)

 

Das Konkurrieren unter Dichtern in den Erhebungen ihrer Vorfahren und den Errungenschaften von Stammesgenossen wurden verboten. Stattdessen sagte Allah ihnen:

 

Und wenn ihr eure heiligen Riten beendet habt, dann gedenkt Allahs, so wie ihr eurer Väter zu gedenken pflegt oder vielmehr mit noch stärkerem Gedenken. (2:200)

 

Alles Konkurrieren in der Wohltätigkeit, welche allein für den Stolz und die Berühmtheit gemacht wurde, wurde ersetzt durch die Wiederbelebung des Systems, das zurzeit von Ibrahim bestand, indem Tiere alleinig im Namen Allahs geschlachtet wurden, damit arme Pilger während der Hadsch ernährt werden können. Allah sagte:

 

Esset und trinkt, doch überschreitet (dabei) das Maß nicht; wahrlich, Er liebt nicht diejenigen, die nicht maßhalten. (7:31)

 

So sprecht den Namen Allahs über sie aus, wenn sie gereiht dastehen. Und wenn ihre Seiten (auf dem Boden) liegen, so esset davon und speist den Genügsamen und den Bittenden. So haben Wir sie euch dienstbar gemacht, auf dass ihr dankbar sein möget. (22:36)

 

Auch das Bespritzen der Wände der Kaaba mit dem Blut wie auch das Werfen mit Fleisch der geschlachteten Tiere wurde verboten. Allah sagte:

 

Ihr Fleisch erreicht Allah nicht, noch tut es ihr Blut, sondern eure Ehrfurcht ist es, die Ihn erreicht. (22:37)

 

Das Umkreisen der Kaaba in einem Zustand der Nacktheit wurde auf Befehl von Allah vom Propheten (sallahAllahu ´alaihi wa sallam) strengstens verboten. Und Allah erklärte weiter:

 

Sprich: "Wer hat die schönen Dinge Allahs verboten, die Er für Seine Diener hervorgebracht hat und die guten Dinge der Versorgung?" (7:32)

 

Ebenfalls wurde strengstens verboten, die Monate von Hadsch auszuwechseln, um die Haram Monate in Halal zum Zweck des Kampfes umzuwandeln. Allah sagte:

 

Das Verschieben (eines heiligen Monats) ist nur eine Steigerung des Unglaubens. Die Ungläubigen werden dadurch irregeführt. Sie erlauben es in einem Jahr und verbieten es in einem anderen Jahr, damit sie eine Übereinstimmung in der Anzahl (der Monate) erreichen, die Allah heilig gemacht hat, und so erlauben sie das, was Allah verwehrt hat. (9:37)

 

Es wurde auch verboten, mit der Hadsch zu beginnen, ohne jegliche Vorbereitung getroffen zu haben und Allah sagte:

 

Und sorgt für die Reise, doch wahrlich, die beste Vorsorge ist Gottesfurcht. Und fürchtet Mich, o ihr, die ihr einsichtig seid. (2:197)

 

Es wurde früher als eine Tat der Frömmigkeit betrachtet während der Hadsch nicht zu handeln, weil es als ungesetzlich betrachtet wurde, Quellen des Lebensunterhalts zu verwerten. Dieses Konzept wurde auch von Allah zurückgewiesen, der sagte:

 

Es ist kein Vergehen von euch, wenn ihr nach der Gunst eures Herrn strebt.( 2:198)

 

Die Methode, die Hadsch durchzuführen, ohne zu reden, zu essen, und ohne zu trinken wurde beendet. Nachdem alle anderen vorislamischen Riten abgeschafft waren, wurde die Hadsch zum Vorbild der Frömmigkeit, Angst vor Allah, Reinheit, Einfachheit und Enthaltsamkeit gemacht. Wenn die Pilger aus ihren Häusern aufbrechen, sind sie dazu verpflichtet, sich von der ganzen weltlichen Verschmutzung zu reinigen, sexuelle Beziehungen mit ihren Frauen aufzugeben und sich der unangebrachten Sprache und unanständigen Taten zu enthalten.

 

Auf allen Straßen, die zur Kaaba führen, wurden Zeichen schon Hunderte von Meilen vor dem Erreichen der Kaaba gesetzt, um anzuzeigen, dass alle Pilger, bevor sie die Straßen in Richtung Kaaba erreichen, auf das einfache Kleid des Ihram zurückgreifen sollen, der aus nur zwei Stoffteilen für Männer besteht, sodass Reiche und Arme gleich waren, gleichzeitig wurden damit auch die Unterscheidungen von verschiedenen Staatsbürgerschaften beseitigt, und alle können vor Allah in einem Zustand der Einheit, als Anbeter voller Demut erscheinen. Im Zustand des Ihram wurde es Haram gemacht, jegliche Tiere zu töten, oder auch nur auszusprechen ein Lebewesen töten zu wollen. Das Ziel war eine Atmosphäre des Friedens zu schaffen und die Stimmung der Pilger geistig geneigt zu machen.

 

Dann wurden die vier Monate von Hadsch heilig gemacht, sodass Frieden auf allen Straßen herrschen soll, die zur Kaaba führen, und kein Pilger auf dem Weg belästigt würde. Wenn die Pilger die Kaaba auf diese Weise erreichen, soll es keine Feste, keinen Spaß und Spiele und kein Herumtollen und Rummel geben. Mit jedem Schritt sollte man Allahs gedenken. Man betet, schlachtet Tiere und umkreist die Kaaba. Das Einzige, was laut vernehmbar sein sollte, ist die Talbiyah: "Hier bin ich zu Deinen Diensten, oh Allah, hier bin ich zu Deinen Diensten. Du hast keinen Teilhaber, hier bin ich zu Deinen Diensten. Dir sei Lob und Preis und die (oberste) Herrschaft! Du hast keinen Teilhaber.“

 

 

Der Prophet (sallahAllahu ´aleihi wa sellem) sagte Folgendes über eine ordentliche, saubere, selbstlose und aufrichtige Hadsch:

"Wer auch immer die Hadsch allein für Allah durchführt und sich den sinnlichen und sündigen Taten enthält, wird so rein zurückkehren wie ein neugeborenes Kind."

(Sahih Al-Buchari)

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