29-06-2008, 03:34 AM
Sabr und Schukr (Geduld und Dankbarkeit) – Hier enden die Sorgen
von Muhammad Al-Shareef
Asiyah, die Frau des Pharao: Ihr Glaube an ALLAH erblühte im Schatten eines Mannes, der sagte:
„Ich bin euer Gott, der Höchste!'. Als der Pharao von ihrem Glauben erfuhr, schlug er sie und befahl seinen Wächtern, sie zu schlagen. Sie zerrten sie hinaus in die glühende Hitze der Mittagszeit, banden ihre Hände und Füße fest und schlugen fortwährend auf sie ein. An wen wandte sie sich? Sie wandte sich an ALLAH! Sie betet: „ Mein Herr, baue für mich ein Haus bei Dir im Paradies und beschütze mich vor Pharao, vor seinen Taten und vor den Missetätern.'
Es wird erzählt, dass sich, als sie das sagte, der Himmel für sie öffnete und sie ihr Haus im Paradies sehen konnte. Sie lächelte. Die Wächter beobachteten sie verwirrt; sie wurde gefoltert, doch sie lächelte!? Frustriert befahl der Pharao, einen Felsblock zu bringen und auf Asiya fallen zu lassen, um sie zu Tode zu zerschmettern. Doch ALLAH (subhanahu wa ta' ala) nahm ihre Seele, bevor der Felsblock gebracht wurde und sie wurde zu einem Vorbild für alle Männer und Frauen bis ans Ende der Zeit.
Und ALLAH legt denen, die glauben, das Beispiel von Pharaos Frau vor, als sie sagte: „ Mein Herr! Baue mir ein Haus bei Dir im Paradies und befreie mich von Pharao und seinen Taten und befreie mich von dem Volk der Ungerechten!'
[QS: 66:11]
In dem Hadith mit Gibril, als er zum Propheten (sal allahu alayhi wa sallam) kam und ihn über Islam, Iman und Ihsan befragte, antwortete der Prophet (sal allahu alayhi wa sallam) über Iman: „ Iman ist der Glaube an ALLAH, Seine Engel, seine Bücher, Seine Gesandten, den Jüngsten Tag und an das göttliche Urteil im Guten wie auch im Schlechten.' In den vorangegangenen Wochen haben wir über diesen Hadith nachgedacht, jedoch nur flüchtig. Heute möchten wir mit dem letzten Artikel des Iman abschließen: Sich dem göttlichen Urteil ergeben, im Guten wie auch im Schlechten.
Während ihr und ich durch das Leben wandern, befinden wir uns stets in einer von zwei Situationen: Entweder es geschieht etwas Gutes in unserem Leben, dann ist es unsere Aufgabe - als Muslime - ALLAH für den Segen zu danken. Oder es geschieht etwas Schlimmes, etwas, was uns nicht gefällt; hier ist es unsere Aufgabe, geduldig zu sein. Das ist die Formel für ein glückliches Leben, ein Leben, mit dem wir auf ALLAHS Wohlgefallen zusteuern. Geduld oder Dankbarkeit - hier enden die Sorgen.
Der Gesandte ALLAHs (sal allahu alayhi wa sallam) sagte: „Die Angelegenheiten des Gläubigen sind sonderbar. Wahrlich, all seine Angelegenheiten sind gut für ihn: Wenn ihm etwas Gutes widerfährt, dankt er ALLAH dafür und das ist besser für ihn. Und wenn ihm etwas Schlechtes widerfährt, ist er geduldig damit und das ist besser für ihn. Und das ist nur beim Mu'min (Gläubigen) so.
Ibn al-Jauwzi sagte: „Wenn diese Welt nicht ein Ort der Prüfungen wäre, wäre es nicht voll von Krankheit und Schmutz. Wenn das Leben nicht das Leben der Härte wäre, hätten die Propheten und Frommen auf die angenehmste Art gelebt. Doch Adam (alayhis-salam) ertrug eine Prüfung nach der anderen, bis er diese Welt verließ. Nuh (alayhis-salam) weinte 300 Jahre lang. Ibrahim (alayhis-salam) wurde in eine Feuergrube geworfen und später wurde ihm befohlen, seinen Sohn zu opfern. Ya'qub (alayhis-salam) weinte, bis er blind wurde. Musa (alayhis-salam) forderte Pharao heraus und wurde mit seinem Volk geprüft. `Isa (alayhis-salam) hatte keine Verpflegung außer den Bissen, die seine Jünger mit ihm teilten. Und Muhammad (sal allahu alayhi wa sallam) begegnete der Armut mit Geduld; sein Onkel - einer seiner liebsten Verwandten - wurde ermordet und verstümmelt und sein Volk glaubte nicht an ihn… und die Liste der Propheten geht weiter und weiter.'
Was uns auch widerfährt, es widerfährt uns mit ALLAHs Erlaubnis. Es ist ein Grundsatz unseres Glaubens an Qada' und Qadr, dass wir mit ALLAHs Entscheidung zufrieden sind; egal ob gut oder scheinbar schlecht, all das ist eine Prüfung dieser Welt. Wie können wir auch denken, wir würden nicht geprüft, wenn die Menschen, die besser waren als wir, so viel leiden mussten. Jedoch gingen sie mit dem Wohlwollen ALLAHs.
Al Hasan ibn Arafah erzählte: „Ich besuchte Ahmad ibn Hannbal nachdem er geschlagen und gefoltert worden war. Ich sagte zu ihm: 'O Abu Abdullah, du hast den Rang der Propheten erreicht.' Er sagte: 'Sei still. Wahrlich, ich sah nichts anderes als Menschen, die ihren Glauben verkauften. Und ich sah Gelehrte, die mit mir waren, und die ihren Glauben verkauften. Also sagte ich zu mir: 'Wer bin ich? Was bin ich? Was werde ich ALLAH morgen antworten, wenn ich vor Ihm stehe und Er mich fragt: 'Hast du deinen Glauben verkauft, wie es die Anderen taten?' Also schaute ich auf die Peitsche und das Schwert und entschied mich für diese. Und ich sagte: 'Wenn ich sterbe, werde ich zu ALLAH zurückkehren und sagen: 'Man zwang mich, zu sagen, dass eines deiner Eigenschaften etwas Erfundenes war, doch ich tat es nicht.' Danach liegt es an ihm, ob er mich bestraft oder barmherzig ist.''
Al Hasan Ibn Arafah fragte dann: „Hast du Schmerzen verspürt, als sie dich auspeitschten?' Er sagte: „ Ja, ich fühlte die Schmerzen bei 20 Hieben, danach verlor ich jedes Gefühl (man peitschte ihn mit mehr als 80 Hieben). Nachdem es vorbei war, fühlte ich keinen Schmerz und an diesem Tag betete ich das Mittagsgebet im Stehen.'
Al Hasan Ibn Arafah fing an, zu weinen, als er hörte, was geschehen war. Imam Ahmad fragte ihn: „Warum weinst du? Meinen Iman habe ich nicht verloren. Also warum sollte ich mich sorgen, wenn ich mein Leben verliere?'
Sie waren besser als wir, doch das war die Art, auf die sie geprüft wurden.
Lasst uns über einige Dinge dieser Prüfungen im Leben reden, die guten und die schlechten Dinge, die uns heimsuchen:
Vieles von dem, was uns widerfährt - das sind die schlechten Zeiten - ist das direkte Ergebnis unserer eigenen Sünden. ALLAH (subhanahu wa ta'ala) sagt: „ Und was euch an Unglück treffen mag, es erfolgt aufgrund dessen, was eure Hände gewirkt haben. Und Er vergibt vieles.' [QS: 42:30]
Wenn seine Schuld sich aufstapelte und er sich traurig fühlte, pflegte Muhammad Ibn Sirin zu sagen: „ Ich weiß, dass der Grund für diese Traurigkeit eine Sünde ist, die ich vor 40 Jahren beging.'
Die Menschen wissen, dass, wenn etwas Schlimmes passiert, es eine Prüfung von ALLAH ist. Aber, liebe Brüder und Schwestern, die guten Dinge, die uns geschehen, sind auch eine Prüfung. ALLAH (subhanahu wa ta'ala) sagt: „ Und Wir haben sie auf Erden in Gemeinschaften zerteilt. Unter ihnen sind Rechtschaffene, und unter ihnen gibt es welche, die nicht so sind. Und Wir prüften sie durch Gutes und durch Böses, auf dass sie sich bekehren mögen.' [QS: 7:168]
Abd Al Malik Ibn Ishaq sagte: „ Es gibt niemanden, der nicht mit Gesundheit und Wohlstand geprüft wird, ohne dessen Dankbarkeit zu messen (Shukr).'
Der Gefährte des Propheten - Abdur Rahman Ibn Awf ( radi allahu anhu) sagte: „Wir wurden durch Not geprüft und waren geduldig. Dann wurden wir durch Wohlstand geprüft und waren nicht geduldig. Deshalb legte ALLAH fest:
„ O ihr, die ihr glaubt, lasst euch durch euer Vermögen und eure Kinder nicht vom Gedenken an ALLAH abhalten. Und wer das tut - das sind die Verlierenden.' [QS: 63:9]
Wir müssen von Anfang an Geduld zeigen, dann, wenn uns die erste Nachricht über die Katastrophe erreicht; nicht einen oder drei Tage später. Der Prophet (sal allahu alayhi wa sallam) sagte: „ Wahre Geduld ist nur beim ersten Eintreffen (der Nachricht).'
Es gibt Dinge, die im Widerspruch zur Geduld stehen: sich das Hemd zerreißen, zum Beispiel, sich ins Gesicht schlagen, sich den Kopf scheren, fluchen und jammern. Umm Salamah (radi allahu anha) erzählte: „ Ich hörte den Gesandten ALLAHs (sal allahu alayhi wa sallam) sagen:' Jeder Muslim, der im Angesicht eines großen Unglücks das sagt, was ALLAH ihm befohlen hat - nämlich: zu ALLAH gehören wir, und zu Ihm ist unsere Rückkehr - , dem wird ALLAH etwas besseres gewähren, als das, was er verloren hat.' [Muslim]
Diese Prüfungen und Leiden reinigen uns von den Sünden. Aisha (radi allahu anha) sagte: „ Wahrlich, durch das Fieber verlieren wir unsere Sünden, so wie ein Baum, der seine Blätter verliert.'
Die Leiden, die uns befallen, trennen die Gläubigen von den Unaufrichtigen. Shumayt Ibn Ajlan sagte: „Der Fromme und der Undankbare sind in guten Zeiten nicht unterscheidbar. Doch wenn sie ein Unglück trifft, werden sie getrennt (wegen der Art ihrer Reaktion darauf).'
Allah (subhanahu wa ta'ala) sagt im Qur'an:
„ Alif Lam Mim. Meinen die Menschen, sie würden in Ruhe gelassen werden, wenn sie bloß sagten:' Wir glauben', und meinen sie, sie würden nicht auf die Probe gestellt? Und wir stellten doch die auf die Probe, die vor ihnen waren.Also wird ALLAH gewiss die erkennen, die wahrhaftig sind, und gewiss wird Er die Lügner erkennen.' [QS: 29:1-3]
Bezüglich Geduld
Ali (radi allahu anhu) sagte: „Wahrlich, Geduld ist für den Iman das, was Der Kopf für den Körper ist. Wenn der Kopf abgeschlagen wird, fällt der Körper. (Dann erhob er seine Stimme) Wahrlich, es gibt keinen Iman für denjenigen, der keine Geduld hat.'
Es gibt drei Arten von Geduld, die ein Muslim haben muss:
Geduld im Gehorsam gegenüber ALLAH. Beispielsweise muss man geduldig sein und sein Morgengebet zur vorgesehenen Zeit verrichten.
Geduld, um ALLAH nicht ungehorsam zu werden. Wie wenn jemand sagen würde: „ Ich muss ihn jetzt beleidigen.' Nein, ALLAH, der uns unsere Zungen gab, befahl uns, nicht den Einflüsterungen des Satans zu folgen. Wir müssen geduldig sein, um ALLAH nicht ungehorsam zu werden.
Sabr (Geduld) in Dingen, die ALLAH für uns bestimmt hat. Zum Beispiel, Wenn unser Kind gerade im Sterben liegt, sollten wir geduldig sein und mit unserer Geduld die Belohnung von ALLAH erwarten und nur das sagen, womit ALLAH (subhanahu wa ta'ala) zufrieden ist.
Es gibt zwei Schlüssel. Sobald wir diese verstanden haben, werden wir die Tür zu Geduld in unserem Leben öffnen können:
Der erste Schlüssel: zu wissen, dass unsere Seelen, Familien und unsere Gesundheit nicht uns gehören, sondern ALLAH. Er gab uns diese als eine Leihgabe, um zu sehen, wie wir damit umgehen. Und wenn Er es wieder wegnimmt, dann nimmt Er nur das, was Ihm gehört. Vorher hatten wir keine Segnungen und danach werden wir auch nichts haben. Nicht wir haben diese Segen aus dem Nichts erschaffen, wie können wir also behaupten, sie gehörten uns!?
Der zweite Schlüssel: Wir sind auf einer Reise und die letzte Bestimmung ist im Jenseits - Paradies oder Hölle. Sobald wir das Diesseits hinter uns lassen, werden wir von selbst zu ALLAH zurückkehren. Das ist es, was unsere Aufmerksamkeit benötigt. Und wenn ALLAH mit uns zufrieden ist, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Doch wenn Er nicht mit uns zufrieden ist, dann müssen wir uns alle Sorgen machen.
Lasst mich eure Aufmerksamkeit auf einen Vers lenken. Hört gut zu. ALLAH zeigt uns dies:
„Haltet die Gebete ein, sowie das mittlere Gebet. Und steht in demütiger Ergebenheit vor ALLAH.' [QS: 2:238]
Der Vers davor handelt von der Scheidung. Der Vers danach handelt von der Scheidung. Warum wurde dieser Vers dazwischen gelegt?
Die Gelehrten weisen darauf hin, wa ALLAHU a'lam, dass die Menschen, wenn sie schwere Zeiten durchleben (vor allem während einer Scheidung), nicht vergessen, ALLAHs im Gebet zu gedenken, zusammen mit der Geduld, die sie das alles durchstehen lässt.
„ O ihr, die ihr glaubt, sucht Hilfe in der Geduld und im Gebet; wahrlich, ALLAH ist mit den Geduldigen.' [QS: 2:153]
ALLAH möchte, dass wir uns die folgenden guten Nachrichten vergegenwärtigen:
„Und gewiss werden Wir euch prüfen durch etwas Angst, Hunger und Minderung an Besitz, Menschenleben und Früchten. Doch verkünde den Geduldigen eine frohe Botschaft, die, wenn sie ein Unglück trifft, sagen:' Wir gehören ALLAH und zu Ihm kehren wir zurück.' Auf diese lässt ihr Herr Segnungen und Barmherzigkeit herab und diese werden recht geleitet sein.' [QS: 2:155 - 157]
ALLAH verspricht jedem, der an seiner Geduld arbeiten will, drei Dinge:
Vergebung, Barmherzigkeit und Rechtleitung, was verlangen wir mehr?
Quelle: http://www.khutbah.com/