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Ist der Wissenserwerb, der nicht viel mit der Religion zu tun hat, Zeitverschwendung?
#1
As salamu alaikum wa rahmatullah wa barakatu 

Eine Schwester sagte mal zu mir das wir uns viel mehr auf das Lernen der eigenen Religion konzentrieren sollen und es "unnötig" sei sich allzu sehr in der Schule zu vertiefen oder nach wissen zu streben der uns im Diin nicht weiterbringt.
Allah würde uns am Tag der Auferstehung nicht nach Mathe-Formeln befragen etc.
Auf der einen Seite hat sie recht - Das lernen der Religion sollte natürlich wichtiger sein
Aber ich interessiere mich zum Beispiel extrem fürs Lesen, für Gedichte oder für Geschichte, das Erlernen neuer Sprachen und Kulturen. Ich lese zb Beispiel Bücher wie Dramen, Biographien, Bücher zu Selbsterkenntnis und manchmal auch über Philosophie und Gesellschaft. Einfach um meinen "Horizont zu erweitern". Laut der Schwester sei das alles Zeitverschwendung und unnötig. Das hat mich traurig gemacht, da ich all diese Dinge sehr gerne studiere. Allah sagt ja auch im Quran das Er die Menschheit zu Völkern und Stämmen gemacht hat damit wir einander kennenlernen. Und Er hat die Erde mit so wunderschöner Schöpfung (Berge, Meere, Naturlandschaften) erschaffen die es zu entdecken und erforschen gibt.

Wenn man bei all dem Wissenserwerb, der nicht direkt mit der Religion verbunden ist, die richtige Absicht behält, dann wird das wohl kein Problem sein oder? Zb ist mein Ziel durch das Lernen vergangener, historischer Geschichten, aus den Fehlern der früheren Völker zu lernen und um dadurch auch an Weisheit zu gewinnen. 

Und Bittgebete wie <<Allahumma inni as'aluka ^Ilmin nafi^an wa rizqan tayyiban wa ^amalan mutaqabbala>> oder <<Rabbi zidni ^Ilman>> beziehen sich ja auf jedes Wissensgebiet dass es zu erlernen gibt, also nicht nur das bezüglich der Religion, oder?

BarakAllahu fiekum
#2
Selamu Aleykum,

Die Schwester hat teilweise recht.
Wissen, welches nützlich ist, damit auch die Muslimen davon ein Nutzen  ist inscha-Allah kein Problem. 
Fatwa nur auf Arabisch. Auch einige Doku können sogar den Iman stärken, wie z.b. Tierreich, Naturspäktakel usw. welches auf die Gewaltigkeit, Einzigkeit, Barmherzigkei und Weisheit Allahs hindeuten. Was ich Alhamdulillah sehr viel davon profitiert hatte, auch wenn die Kuffar etwas anderes damit meinen oder anders betrachten, ist deren Angelegenheit, für uns sind es Zeichen und Wunder Allahs.
Oder damit man sich mal der Seele eine Auszeit gönnt, wie z.b. etwas Süßes essen oder Tee trinken, damit das Herz sich erholt, wie Ali ibn Abi talib radiyallahu a´nhu sagte:

[font=Traditional Arabic, serif]وَقَدْ قَالَ عَلِيُّ بْنُ أَبِي طَالِبٍ رَضِيَ اللَّهُ عَنْهُ [/font]: [font=Traditional Arabic, serif]إنَّ الْقُلُوبَ تَمَلُّ كَمَا تَمَلُّ الْأَبْدَانُ فَاهْدُوا إلَيْهَا طَرَائِفَ الْحِكْمَةِ[/font]
 „Diese Herzen ermüden, sowie auch der K[font=Times New Roman, serif]ِ[/font]örper ermüdet, so erwähnt für sie weise Anekdoten"


Aischa (ra) sagte zu Ubaid ibn Umair: „Hüte dich davor, die Leute zu langweilen und zum Verzweifeln zu bringen.“ Wenn Azzuhri über einen Hadith gefragt wurde, sagte er: „Erzählt etwas Lustiges und mischt den Hadith mit etwas, was nicht dazu geh[font=Times New Roman, serif]ِ[/font]ört, damit die Seele sich öffnet.“ (also mit Anekdoten, nicht etwa mit falschen Geschichten)
[font=Traditional Arabic, serif]وَقَالَ ابْنُ مَسْعُودٍ رَضِيَ اللَّهُ عَنْهُ أَرِيحُوا الْقُلُوبَ فَإِنَّ الْقَلْبَ إذَا كَرِهَ عَمِيَ[/font]
Ibn Mas’ûd (ra) sagte: „Gebt den Herzen eine Pause, denn wenn das Herz etwas verabscheut, wird es blind.“(Das islamische Benehmen von Ibn Muflih, Bd. 2 S. 102).



Jedoch Philosophie  ist abzuraten, da es sogar von vielen Gelehrten als Haram  eingestuft wurde. 

Wallahu A´lam
#3
Das ist eigentlich eine sehr interessante und wichtige Frage. Unsere Gesellschaft lebt in einer Informationsüberflutung, Wissen kann innerhalb von Sekunden über das Internet gefunden werden, Informationen zu verschiedensten Themen und Alltagssituationen sind nur einen "Klick" entfernt. Dazu gehört z.B das typische "Copy&Paste" für Hausaufgaben/Hausarbeiten, Vorhersagungen über Wetter/Temperatur/Stau, Öffnungszeiten von Läden, Online-Terminbuchungen, Online-Shops, Symptome für Krankheiten, Lösungswege für Handwerkliches, etc. Wir versuchen immer mehr Informationen, in immer weniger Zeit zu verstehen und "anzuhäufen". Auch wie unser Gehirn sich durch die Digitalisierung darauf spezialisiert hat Informationen zu überfliegen (da wir dauernd am Scrollen von Seiten sind). Dadurch sind wir leicht ablenkbar, nicht geduldig und wollen am besten alles auf ein mal erledigen.

Zu deiner Frage, es ist an sich nicht verboten Gedichte/Literatur zu lesen/schreiben, sofern sie keine Regeln verstoßen. Wenn es dein Hobby ist, dir spaß macht und du in deiner Freizeit dadurch abschalten kannst : Warum solltest du es nicht tun?

Aber es gibt eine Dinge zu beachten.

Anstatt in deiner Freizeit einen neuen Roman zu lesen, könntest du dich näher mit dem Islam beschäftigen und dich in deiner Religion weiterbilden. Wir sollten es immer vorziehen uns auch in der Freizeit mit unserer Religion zu beschäftigen.

Denn da gibt es auch etwas zu beachten.

Du musst immer abwägen wie viel dir dieses Wissen bringt und ob es wirklich nötig ist. Sofern du nicht vor hast hauptberuflich in der Anthropologie, z.B als Kulturwissenschaftlerin des Vorderen Orients mit dem Schwerpunkt Arabistik oder in den Altertumswissenschaften der Ägyptologie zu arbeiten, wüsste ich nicht welchen Grund du haben solltest dich mit Gedichten, kulturhistorischen Texten und Philosophie zu beschäftigen.

Literatur ist und bleibt nunmal auch "Fiktion", es sind fiktive Welten, ausgedachte Geschichten, die in erster Linie dem Autor selbst "helfen" sollen Dinge aus seinem Leben zu "verarbeiten", hier geht es nicht darum den "Horizont zu erweitern" sondern darum in eine fiktive Welt einzutauchen. Von fiktiver Literatur würde ich immer fern bleiben, aber Sachtexte, historische Erzählungen und Autobiografien kannst und solltest du auch lesen, da man hier wirklich seinen Horizont erweitert und etwas mitnehmen kann. Es sind nämlich Dinge die tatsächlich passiert sind und aus denen man tatsächlich ein Fazit ziehen kann. Fiktive Literatur spielt in einer komplett von dem Autor geschaffenen Welt, in der nur er über das Geschehen bestimmt und dieses manipuliert um die Geschichte voranzutreiben. Wenn du selbst Geschichten schreiben willst um z.B psychische Probleme zu verarbeiten (auch genannt Kreatives Schreiben) dann ist das in Ordnung.

Ich habe mich selbst mit klassischer Literatur beschäftigt, habe auch Literatur der Nachkriegszeit gelesen (vor allem Stefan Zweig und Heinrich Böll) und konnte nicht viel "nützliches" für den Islam mitnehmen.

Und auch philosophische Werke (in meinem Fall jetzt: Senaca, Kant, Schopenhauer und Nietzsche) haben sehr wenig mit dem Islam zu tun und helfen dir in diesem Punkt auch nicht weiter, sogar ganz im Gegenteil, die Philosophen vertreten viele Ansichten die gegen den Islam sprechen und Existenz Gottes als solches auch meistens ablehnen.

Unbedingt abraten würde ich von "Selbsterkenntnis-", "Achtsamkeits-", "Coaching" und "Selbstoptimierungs"-Literatur. Ich habe so einige "Selbstmanagement" Bücher durch und kann davon nur abraten, es ist absolute Zeitverschwendung und wurde auch meistens von sogenannten "Marketingexperten" und selbsternannten "Überlebenskünstlern" verfasst um ordentlich Geld von naiven Kunden (wie mir) einzusacken.
#4
Assalamu alaikum
BarakAllahu fiekum für die Antworten.
Allerdings ist mir noch eine weitere Frage eingefallen. Ich lese Bücher über die Selbsterkenntnis/Charakterstärkung/Philosophie usw NICHT weil ich glaube die Autoren würden mir die innere Seelenruhe vermitteln können oder weil ich glaube dass deren grundsätzliche Ideen der korrekten Lebensführung besser ist. Aber oft wenn ich diese Art von Büchern lese (egal ob Fiktion oder reale geschichten), kann ich daraus oft eine Lehre und Weisheit ziehen für meine eigene Lebensweise und im Hinblick auf meine Religion.

Zum Beispiel in einem Buch, das von Goethe handelt, wird eines seiner Zitate erwähnt. Er sagte nämlich mal, dass "Der Mensch, der nicht geschunden wird, wird nicht erzogen". Hier spricht er von dem Leid (also den Prüfungen) welches die Menschen in ihrem Leben erfahren, dass zwar im ersten Moment als schmerzhaft empfunden wird, aber in Wahrheit auch eine Art Heilung für die Seele ist und der mensch durch dieses leid geformt und weiser wird. So heißt es ja auch im quran sinngemäß: der mensch begegnet vielen schmerzvollen Prüfungen, die letztenendes doch dafür sorgen, dass seine Seele dadurch geläutert wird und standhafter.

Ich hoffe ihr versteht was ich damit meine, wenn ich sage dass ich, wenn ich diese Bücher lese, in Wirklichkeit einfach nur die Aussagen herausfiltere die ich für die Verbesserung meines Charakters und meines Verständnis von der Welt gebrauchen kann und natürlich auch in Übereinstimmung mit dem islam sind.
  


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