18-03-2016, 11:46 AM
Salam alaykum,
meiner Erfahrung nach ist "Salafist" gleichbedeutend mit "Islamist". Beides sind Kunstworte. Wenn man die Begriffe irgendwie in einen erstzunehmenden religionswissenschaftlichen Kontext einordnen will, dann ist wohl Fundamentalist gemeint.
Das Problem ist daran nur, dass Fundamentalismus eine Glaubensrichtung war, die im 19. JH im Protestantismus entstanden ist und eine Antwort auf die kritisch-historische Bibelwissenschaft darstellte. Erst später übertrag man den Begriff Fundamentalismus auf die Revolution der schiitischen Imame.
Daran sieht man schon, dass der Begriff "Salafist", der größtenteils für sunnitische Muslime, angewendet wird, schon in mehrfacher Hinsicht verkehrt ist.
Eine Übertragung scheint schon deshalb nicht sinnvoll zu sein, weil, wenn wir davon ausgehen, dass Salafismus sich von Salafiyya ableiten soll, die Salafiyya keine Antwort auf eine kritisch-historische Wissenschaft war, sondern eine Antwort auf die Verhärtung und das Erstarren der Rechtsschulen.
Genau wie die Überlegung, dass die Rechtsschulen Antworten auch auf moderne Fragestellung liefern müssen, ebenfalls eine Reaktion auf diese Erstarrung war.
Sowohl die "geupdaten" Rechtsschulen als auch die Salafiyya waren 2 Antworten auf ein Erstarren des Islam. Es besteht aber zwischen beiden nicht die feindliche Ablehnung, die man im Christentum hat. Im Christentum finden beide Herangehensweisen kaum zueinander. Auf der einen Seite gibt es die Katholiken, die meinen, das Lehramt wäre immer zwischen ihnen und Gott und jedes Abweichen von den dogmatisierten Überzeugungen könnte einen Menschen vom Heil entfernen, auf der anderen Seite die Protestanten, die meinen nur die Schrift führe zum Heil.
Im Islam ist es hingegen so, dass sich beide Richtungen gut vertragen. Die Rechtsschulen als Methoden der Wahrheitsfindung und als Hilfe, um sich, wenn man wenig Ahnung hat, erstmal zurecht zu finden, aber gleichzeitig die Pflicht, sich bei genügend Sachkenntnis nicht mehr an schwache Beweise der Rechtsschulen zu halten. Das wäre quasi so, als würde jemand christlich Katholisch bleiben, bis er genügend theologische Bildung hat, und dann Protestant werden, um das mal etwas zu überziehen. In der Praxis wird kein Muslim die Deutungen der Vorangegangenen - also die ersten drei Generationen - als falsch ablehnen. Was ja im wesentlichen auch Salaf meint. Es gibt also auch gar nicht diese feindliche Trennung, die die Gesellschaft gerne ziehen möchte.
Das nur als Randinformation, um aufzuzeigen, wie wenig sinnvoll dieser Modebegriff "Salafist" ist.
Salam
Abraham
meiner Erfahrung nach ist "Salafist" gleichbedeutend mit "Islamist". Beides sind Kunstworte. Wenn man die Begriffe irgendwie in einen erstzunehmenden religionswissenschaftlichen Kontext einordnen will, dann ist wohl Fundamentalist gemeint.
Das Problem ist daran nur, dass Fundamentalismus eine Glaubensrichtung war, die im 19. JH im Protestantismus entstanden ist und eine Antwort auf die kritisch-historische Bibelwissenschaft darstellte. Erst später übertrag man den Begriff Fundamentalismus auf die Revolution der schiitischen Imame.
Daran sieht man schon, dass der Begriff "Salafist", der größtenteils für sunnitische Muslime, angewendet wird, schon in mehrfacher Hinsicht verkehrt ist.
Eine Übertragung scheint schon deshalb nicht sinnvoll zu sein, weil, wenn wir davon ausgehen, dass Salafismus sich von Salafiyya ableiten soll, die Salafiyya keine Antwort auf eine kritisch-historische Wissenschaft war, sondern eine Antwort auf die Verhärtung und das Erstarren der Rechtsschulen.
Genau wie die Überlegung, dass die Rechtsschulen Antworten auch auf moderne Fragestellung liefern müssen, ebenfalls eine Reaktion auf diese Erstarrung war.
Sowohl die "geupdaten" Rechtsschulen als auch die Salafiyya waren 2 Antworten auf ein Erstarren des Islam. Es besteht aber zwischen beiden nicht die feindliche Ablehnung, die man im Christentum hat. Im Christentum finden beide Herangehensweisen kaum zueinander. Auf der einen Seite gibt es die Katholiken, die meinen, das Lehramt wäre immer zwischen ihnen und Gott und jedes Abweichen von den dogmatisierten Überzeugungen könnte einen Menschen vom Heil entfernen, auf der anderen Seite die Protestanten, die meinen nur die Schrift führe zum Heil.
Im Islam ist es hingegen so, dass sich beide Richtungen gut vertragen. Die Rechtsschulen als Methoden der Wahrheitsfindung und als Hilfe, um sich, wenn man wenig Ahnung hat, erstmal zurecht zu finden, aber gleichzeitig die Pflicht, sich bei genügend Sachkenntnis nicht mehr an schwache Beweise der Rechtsschulen zu halten. Das wäre quasi so, als würde jemand christlich Katholisch bleiben, bis er genügend theologische Bildung hat, und dann Protestant werden, um das mal etwas zu überziehen. In der Praxis wird kein Muslim die Deutungen der Vorangegangenen - also die ersten drei Generationen - als falsch ablehnen. Was ja im wesentlichen auch Salaf meint. Es gibt also auch gar nicht diese feindliche Trennung, die die Gesellschaft gerne ziehen möchte.
Das nur als Randinformation, um aufzuzeigen, wie wenig sinnvoll dieser Modebegriff "Salafist" ist.
Salam
Abraham