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Der heilige Monat
#1
Der heilige Monat



Es war ein regnerischer Tag. Der Himmel war dicht bewölkt und der Wind war eiskalt.
Zu dieser Zeit blieb jeder Zuhause und machte sich einen schönen Tag vor dem Kamin. Ich jedoch versuchte jede Sekunde draußen auszunutzen, um mein Leben auszukosten. Ein starker Regen oder ein heftiger Schneesturm hielt mich nicht davon ab, hinauszugehen und Spaß zu haben.
„Rayyan! Hallo, wo bleibst du? Wir wollten uns doch um 17 Uhr in der Bar treffen!“
„Ja, okay! Ich bin auf dem Weg, Melli.“
„Bis gleich, dann!“
„Ja, bis gleich!“

Das war Melanie, meine Freundin. Sie ruft mich jeden Tag an, um mit mir etwas zu unternehmen. Sie ist genauso wie ich und versucht jeden Tag zu genießen. Aber dieser Monat wird wohl wieder wie der Letzte sein. Der sogenannte „heilige Monat“ ist nächste Woche und die Familie hält es wieder mal für wichtig, gemeinsam Zeit zu verbringen. Toll! Da wird mich wohl wieder mein Cousin Umar mit Religion zutexten. Und das schlimmste ist, dass ich verhungern muss und gleichzeitig meine ganze Familie ertragen muss. Na, dann! Das kann ja heiter werden! [...]


Heute ist der 1. September. Das bedeutet hungern, Qual und die Familie ertragen. Die klingelt schon um 13 Uhr?! Ich bin doch gerade erst aufgestanden! Normalerweise schlafe ich sonst bis 14 Uhr, um meinen Hunger nicht zu bemerken. Wie können die schon so früh aufstehen?!
„Ja, hallo? Wer ist da?“
„Oh, Rayyan, schön deine Stimme zu hören. Hier ist Umar.“

Oh nein! Alle, aber nur nicht Umar! Jetzt muss ich ihn alleine ertragen. Das fängt ja gut an!
„Komm rein, Umar.“, ich machte die Tür auf.
„Na, wie geht es dir? Lange nicht gesehen.“, sagte Umar, während er mich umarmte.
Bäähhh! Wie können Männer sich nur umarmen?! Ich wollte nur noch weg. Ist ja ekelhaft!
„Komm, setz dich. Meine Familie ist weg. Meine Mutter kauft für unser Fastenbrechen ein, meine Schwester ist in der Schule und mein Vater ist bei der Arbeit.“, sagte ich.
„Und was machst du jetzt eigentlich?“, fragte er.
„Naja, ich habe meinen Hauptschulabschluss.“, antwortete ich.
„Wieso hast du denn nicht weitergemacht, z.B. die Schule oder eine Ausbildung?“
„Ähh, weil mir mein Abschluss ausreicht und ich jetzt mein Leben voll und ganz genießen kann. Eine Ausbildung habe ich auch nicht nötig. Ich meine, wozu ist der Staat da?!“,
dabei lachte ich laut.
„Hältst du das für richtig, dass du Geld vom Staat nimmst, obwohl du selbst dazu in der Lage bist, Geld zu verdienen?“
„Ja, warum nicht?“,
fragte ich.
„Sicherlich sagt dir der Name Dawud (David) etwas, oder?“, fragte Umar.
„Ja, na klar!“
„Alles was er gegessen hat, hat er sich selbst hart erarbeitet. Und das beste Essen ist das, was du dir hart erarbeitet hast. Nutze es doch in diesem heiligen Monat aus.“,
lächelte er.
„Mal sehen....“, sagte ich verärgert.
Seht ihr?! Das habe ich gemeint. Der wird mich jetzt den ganzen Tag vollquatschen.
„Gib doch deinem Leben mehr Sinn. Weißt du denn, weshalb du fastest? Das Fasten besteht nicht nur aus dem Verzicht von Essen und Trinken. Das Fasten ist für den Menschen ein Schutz; so soll er während seines Fastentages weder Schändlichkeit noch trubelhaftes Treiben begehen. Du musst den Tag in Gedenken verbringen und nicht solange schlafen, bis der Tag fast vorüber ist. Dann hatte ja das Fasten keinen Sinn mehr. Und weißt du, warum dieser Monat eine große Gnade ist?“, fragte Umar.
„Ähhh....“
Oh nein. Bitte, lass mich in Ruhe. Bitte, rede jetzt nicht weiter. Ich will nur noch hier raus.
„TOK, TOK“
Ah, jemand klopft an die Tür. Mann, hab ich ein Glück. Meine Mutter ist da.
„Tut mir leid Umar, aber ich muss nun kurz raus, um etwas zu erledigen.“, sagte ich.
„Kein Problem Rayyan. Dann bis später!“, sagte er mit traurigem Gesicht.
Er tut mir jetzt zwar etwas leid, aber ich habe keine Lust mehr, mir alles anzuhören. [...]


Es ist nun eine Woche vergangen, eine harte Woche....
Und Melanie hat sich seit 4 Tagen nicht mehr gemeldet. Was ist nur passiert? Ach, ich werde sie jetzt einfach anrufen...
„Hallo?“, Melanie ging ran.
„Melanie?“, schrie ich.
„Ja? Rayyan?“
„Melanie, warum hast du dich denn nicht mehr bei mir gemeldet? Was ist passiert? Bist du sauer?“
„Nein. Ich möchte einfach nur den Kontakt abbrechen.“
„Was?! Nein, warum denn??“,
ich war schockiert.
„Rayyan, ich bin konvertiert. Und nun faste ich. Dieser heilige Monat hat mich dazu gebracht, mich zu fragen, warum ihr fastet und dies hatte mich dazu bewegt, zu Unterrichten zu gehen. Gott hat mir meine Augen geöffnet. Und ich liebe Gott mehr als dich. Ich will nur noch mein Bestes geben. Dann pass auf dich auf. Ich hoffe, dass du den Sinn unserer Religion richtig verstehen wirst. Bye...“
„TUT, TUT....“
Ich glaube das nicht. Das hätte ich niemals gedacht. Sie hat mehr Interesse an unserer Religion, obwohl sie vor kurzem konvertiert ist. Ich fühle mich so allein und als hätte ich Nichts. Ich weiß nicht warum, aber nach dem Anruf überfiel mich eine große Scham. Aber weshalb? [...]


Es war sehr heiß. Es roch nach Rauch. Als ich meine Augen öffnete, sah ich zwei Gestalten neben mir, die mich in einen Feuerabgrund werfen wollten.
„Lasst mich los! Was soll das?!!!“
„Du hast nicht gebetet, nicht gefastet und du warst geizig. Das ist deine gerechte Strafe.“
„Aber ich habe gefastet!!“
Ich hatte große Angst. Die Tränen liefen mir vor Furcht übers Gesicht.
„Fasten?! Nein, du hast üble Nachrede begangen und Schändliches während des Fastens. Wahrlich, du hast nicht gefastet! Du hast nichts Anderes als das Höllenfeuer verdient!“
„Ahhhh.....!“
Ich flog mit schneller Geschwindigkeit in den Abgrund und ....!?
Wo bin ich? Ich öffnete meine Augen. Ich bin in meinem Zimmer. War das etwa nur ein Traum? Das kann doch nicht sein. Es hat sich alles so real angefühlt. Was hat das alles zu bedeuten? Mir kam Melanie in Gedanken. Sie ist doch konvertiert. Aber wie kam sie dazu? Warum hat sie solch eine Liebe für diese Religion entwickelt? Und warum tut es Umar und viele meiner Familienangehörigen auch? Hat etwa der Traum etwas mit dem heiligen Monat zu tun? War der Traum etwa eine Warnung? Vielleicht muss ich mich bessern, damit nicht das Gleiche mit mir passiert wie im Traum. Mein Herz raste vor Angst. Ich muss unbedingt mit Umar reden. [...]


Ich befand mich in der zweiten Woche des heiligen Monats bei Umar. Ich erzählte ihm von meinem Traum.
„Ja, Rayyan. Das sollte wirklich eine Warnung für dich sein.“, sagte Umar.
„Hmm. Wie kam es eigentlich dazu, dass du mir immer helfen wolltest und mich vom Schlechten fernhalten wolltest, obwohl ich immer so unfreundlich zu dir war?“
„Ich habe es als Pflicht für mich gesehen, dies zu tun. Außerdem habe ich mir Umar als Vorbild genommen. Ich will nicht diesen schönen Namen beschmutzen, den man mir gegeben hat.“

Stimmt, was bedeutet eigentlich mein Name? Aber ich will nicht Umar unterbrechen.
„Mann nannte auch Umar Al-Faruq, was soviel bedeutet wie der Teiler zwischen dem Gutem und dem Schlechtem.“
„Aha“,
hörte ich interessiert zu.
„Willst du denn mit mir zu Unterrichten gehen, um etwas zu lernen?“, fragte mich Umar.
Irgendwie hatte ich noch dagegen eine Abneigung.
„Du Umar. Bitte lasse mir noch etwas Zeit.“
„Wie du magst, Rayyan.“



Auf dem Weg nach Hause, wurden neben einer Moschee Flyer verteilt, wo „Der Sinn des Fastens“ draufstand. Ich schnappte mir sofort eins und etwas ist mir sofort ins Auge gestochen. Da stand: „....Und wer zu den Fastenden gehörte, der wird zum Eintreten durch das Ar-Rayyan-Tor ausgerufen...“Wow!! Mein Name kennzeichnet ein Tor im Paradies, welches sich nur für die Fastenden öffnet. Wieder überkam mich eine große Scham. Und wie verhalte ich mich? Ich faste ja nicht einmal wirklich. Plötzlich verschwand meine Abneigung von vorhin und ich rief sofort Umar an, um auf sein Angebot zurückzugreifen. [...]


Ein Jahr ist nun vergangen und heute ist wieder der erste Tag des heiligen Monats Ramadan. Ich habe mich in der Zwischenzeit sehr verändert. Ich mache auch nun eine Ausbildung und besuche dennoch jeden Tag die Moschee. Heute ist etwas ganz aufregendes passiert. Ich habe eine Heiratsanfrage bekommen. Deswegen habe ich von ihrem Bruder, einem Konvertiten, eine Einladung zu ihnen nach Hause bekommen. Als ich bei ihnen war, sollte sie mir vorgestellt werden....
Ich stand unter Schock. Ich konnte es kaum glauben. Ich war überglücklich. Das war Melanie. Sie ist ebenfalls schockiert, wie ich an ihrem Gesichtsausdruck erkennen kann.
„Rayyan, bist du das?“
„Ja, Melanie.“,
sagte ich schüchtern und senkte meinen Blick zu Boden.
„Du hast dich wirklich sehr verändert.“, sie lächelte dabei und schämte sich ebenfalls.
Wie klein die Welt doch ist. Es ist so schön, dass zwei Menschen wieder zueinander zurückkehren konnten, nachdem sie reumütig zu ihrem Herrn zurückgekehrt sind und einen gemeinsamen Anfang machen können. Was uns doch dieser heilige Monat für Türen geöffnet hat. Ja wirklich, es ist wahr, dass Allah barmherzig und voller Gnade und ist. [...]


Ende!!
  


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Der heilige Monat - von bint_abdulkarim - 09-09-2008, 03:32 PM

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