13-04-2013, 05:07 PM
Beging der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) Sünden?
Frage (Nr. 7208):
Einige Muslime glauben, dass der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) sündenfrei war, während andere sagen, er war es nicht. Ich persönlich glaube nicht, dass er sündenfrei war, denn er war nur ein Mensch. Können Sie mir bitte die richtige Ansicht mitteilen, unter Verwendung von Qur’ān oder Hadīth?
Antwort:
Alles Lob gebührt Allah.
Erstens:
Die Verwendung des Wortes „Sünde“ ist ein schwerwiegender Fehler, denn dieses Wort (Khatī’ah, Plural: Khatāyā) ist im Falle der Gesandten nicht anwendbar. Es ist besser, von Fehlern zu sprechen, denn ein Fehler kann unabsichtlich geschehen, was im Falle der Sünden nicht zutrifft.
Zweitens:
Was die Sünden anbelangt, so begingen die Gesandten, Muhammad (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) eingeschlossen, niemals irgendeine Sünden absichtlich als einen Akt des Ungehorsams gegenüber Allah, nachdem sie ihre Botschaft (Risālah) erhalten hatten. Dies unterliegt dem Konsens der Muslime. Sie waren vor großen Sünden (Kabā’ir) geschützt, doch nicht vor kleinen Sünden (Saghā’ir).
Scheikh al-Islam ibn Taymiyah (möge Allah ihm barmherzig sein) sagte: „Die Ansicht, dass die Propheten vor großen Sünden (Kabā’ir) beschützt wurden, doch nicht vor kleinen Sünden (Saghā’ir), ist die Ansicht der Mehrheit der Gelehrten des Islams und sogar all der Sekten… Es ist ebenfalls die Ansicht der Mehrheit der Gelehrten des Tafsīr, des Hadīth und die Ansicht der Fuqahā’. Von keinem der Salaf, Imāme, Sahābah, Tābi`īn oder den folgenden Generationen wurde etwas überliefert, was nicht mit dieser Meinung übereinstimmte.“ (Majmū` al-Fatāwa #4/319).
Folgende Frage wurde dem Beständigen Komitee bezüglich dieses Themas gestellt: „Einige Leute, einschließlich der Ketzer, sagen, dass die Propheten und Gesandten Fehler machen konnten, d. h. sie konnten Fehler begehen, wie jeder andere auch. Sie sagen, dass der erste Fehler, der jemals gemacht wurde, von dem Sohn Adams, Qābīl, begangen wurde, der Hābīl tötete… und als die zwei Engel zu Dawūd kamen, hörte er dem ersten zu und achtete nicht auf das, was der zweite zu sagen hatte… und die Geschichte von Yūnus, als der große Fisch ihn verschluckte; außerdem die Geschichte des Gesandten mit Zayd ibn Hārithah, über die sie sagen, dass er etwas verbarg, was er hätte offen aussprechen müssen, und mit einem Sahābah, dem er sagte: „Ihr wisst es besser in euren weltlichen Angelegenheiten“, und sie sagen, dass dies so ist, weil er diesbezüglich einen Fehler gemacht hatte, sowie das, was mit dem blinden Mann geschah, worauf sich die folgende Āyah bezieht (ungefähre Bedeutung): „Er (der Prophet) blickte düster und kehrte sich ab, weil der Blinde zu ihm kam.“ (80:1-2). Konnten die Propheten und Gesandten tatsächlich Fehler machen? Wie können wir den Sündern antworten (die so etwas behaupten)?“
Antwort: „Ja, die Propheten und Gesandten machten Fehler, doch Allah akzeptierte ihre Fehler nicht, sondern ihre Fehler waren eine Seiner Gnaden an sie und diejenigen ihrer jeweiligen Ummah, und Er vergab ihre Fehler und akzeptierte ihre Reue aus Gnade und Barmherzigkeit, denn Allah ist der Stets Vergebende, Barmherzigste. Dies wird jedem klar, der sich mit den Āyāt des Qur’ān auseinandersetzt, in denen die in der Frage genannten Angelegenheiten erörtert werden… Was die Söhne Ādams anbelangt, selbst wenn sie keine Propheten waren… Allah erläutert, wie schlimm die Tat war, die er seinem Bruder antat…“ (Fatāwa al-Lajnah al-Dā`imah #6290, 3/194).
Drittens:
Bevor ihnen ihre Botschaft (Risālah) gegeben wurde, war es gemäß der Ansicht der Gelehrten möglich, dass sie kleine Sünden begingen, doch sie wurden davor bewahrt, große Sünden wie Zinā, Alkoholkonsum etc. zu begehen.
Nachdem sie aber ihre Mission erhalten hatten, so lautet die korrekte Ansicht, begingen sie einige kleinere Fehler, die jedoch nicht angenommen und zurückgewiesen wurden.
Scheikh al-Islam (ibn Taymiyah) sagte: „Die meisten der Berichte von der Mehrheit der Gelehrten bestätigen, dass sie nicht unfehlbar waren in Bezug auf kleine Fehler, doch es wurde ihnen nicht gestattet, damit fortzufahren; sie sagen nicht, dass es überhaupt nicht geschehen konnte. Die Behauptung, dass sie komplett unfehlbar wären, kam als erstes von den Rāfidis, die sagen, dass sie so unfehlbar waren, dass sie niemals irgendeinen Fehler machen konnten, auch nicht durch Vergessen oder Missverständnis.“ (Majmū` al-Fatāwa #4/320).
Sie sind unfehlbar hinsichtlich des Verbreitens der Botschaft von Allah, erhaben ist Er.
Scheikh al-Islam (ibn Taymiyah – möge Allah ihm barmherzig sein) sagte: „Die Āyāt, welche das Prophetentum der Propheten bezeugen, bestätigen ebenfalls, dass sie unfehlbar sind hinsichtlich des Verbreitens der Botschaft Allahs; was sie also sagen, kann nur wahr sein. Dies ist die Bedeutung des Prophetentums, welches beinhaltet, dass Allah dem Propheten etwas aus dem Bereich des Verborgenen mitteilt und dieser berichtet es seinem Volk. Und der Gesandte hat die Aufgabe, die Menschen zu Allah aufzurufen und die Botschaft seines Herrn zu verkünden.“ (Majmū` al-Fatāwa #18/7).
Viertens:
Die Fehler, die unabsichtlich begangen werden, fallen in zwei Kategorien:
In Bezug auf die weltlichen Angelegenheiten: Dies widerfuhr dem Gesandten Allahs (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm). In Bezug auf Landwirtschaft, Medizin, Tischlerhandwerk etc. war er wie alle anderen Menschen. Allah informiert uns nicht darüber, dass er zu uns als Geschäftsmann oder als Landwirt oder als Tischler oder Arzt entsandt wurde. Seine Fehler auf diesen Gebieten sind menschlich und beeinträchtigen seine Botschaft nicht im Geringsten.
Es wurde berichtet, dass Rāfi’ ibn Khudayj sagte: „Der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) kam nach Madīnah und sie bestäubten die Dattelpalmen. Er fragte: `Was macht ihr?` Sie sagten: `Wir pflegen sie immer zu bestäuben.` Er sagte: `Vielleicht, wenn ihr es nicht tut, wird es besser sein.` So unterließen sie es und die Ernte war mager. Sie erzählten es ihm und er sagte: `Ich bin nur ein Mensch wie ihr. Wenn ich euch etwas über die Religion sage, dann befolgt es, doch wenn ich euch etwas sage, das auf meiner eigenen Meinung basiert, so bin ich nur ein Mensch.`“ (Muslim #2361).
Wir weisen darauf hin, dass der Gesandte (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) einen Fehler in dieser weltlichen Angelegenheit machte, weil er wie alle anderen Menschen war, doch hinsichtlich der Angelegenheiten der Religion beging er keine Fehler.
Im Hinblick auf unabsichtliche Fehler in Angelegenheiten der Religion: Die korrekte Ansicht unter den Gelehrten lautet, dass dies auf die Art vonstatten ging, dass der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) etwas tat, was in Ordnung, jedoch nicht die beste Wahl war.
Er war manchmal mit Angelegenheiten konfrontiert, über die es keinen Text in der Scharī`ah gab, auf den er seine Entscheidung stützen konnte, sodass er einen Ijtihād auf der Grundlage seiner eigenen Meinung fällte, ebenso wie irgendein muslimischer Gelehrter einen Ijtihād fällen kann, und wenn er die richtige Entscheidung trifft, werden ihm zwei Belohnungen gegeben, trifft er die falsche Entscheidung, so erhält er immer noch eine Belohnung. Dies ist es, was der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) sagte: „Wenn der Richter Ijtihād macht und richtig liegt, wird er zwei Belohnungen erhalten, und wenn er Ijtihād macht und falsch liegt, dann wird er eine Belohnung erhalten.“ (Bukhāri #6919; Muslim #1716, aus dem Hadīth von Abu Hurayrah).
Dies geschah ihm auch im Falle der Gefangenen von Badr.
Anas sagte: „Der Gesandte Allahs (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) befragte die Leute wegen der Gefangenen, die am Tag von Badr gefangen genommen wurden. Er sagte: `Allah hat euch die Gewalt über sie gegeben.` `Umar ibn al-Khattāb stand auf und sagte: `Oh Gesandter Allahs, schlage auf ihre Nacken (exekutiere sie)!` Der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) wandte sich von ihm ab. Dann kam der Gesandte Allahs (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) zurück und sagte: `Oh ihr Leute, Allah hat euch die Gewalt über sie gegeben und sie waren eure Brüder.` `Umar ibn al-Khattāb stand auf und sagte: `Oh Gesandter Allahs, schlage auf ihre Nacken (exekutiere sie)!` Der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) wandte sich von ihm ab. Dann kam der Gesandte Allahs (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) zurück und sagte etwas Ähnliches zu den Leuten. Abu Bakr stand auf und sagte: `Oh Gesandter Allahs, warum vergibst du ihnen nicht und akzeptierst von ihnen ein Lösegeld?` Der betrübte Ausdruck wich vom Gesicht des Gesandten Allahs (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm), er vergab ihnen und akzeptierte ihre Lösegeldzahlung. Da offenbarte Allah die Worte (ungefähre Bedeutung): „Es steht keinem Propheten zu, Gefangene zu haben (und sie mit Lösegeld freizulassen), bis er (den Feind überall) im Land schwer niedergekämpft hat. Ihr wollt Glücksgüter des Diesseitigen (d. h. das Lösegeld aus der Freilassung der Gefangenen), aber Allah will das Jenseits. Allah ist allmächtig und allweise.“ (8:67). (Ahmad #13143).
Wir müssen in diesem Fall anmerken, dass der Gesandte Allahs (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) keinen eindeutigen Text hatte und er deshalb Ijtihād machen und seine Gefährten um Rat fragen musste. Er beging einen Fehler in der Entscheidung, was als Bestes zu tun gewesen wäre.
Fälle wie diesen gibt es sehr wenige in der Sunnah. Wir müssen daran glauben, dass die Gesandten und Propheten unfehlbar sind, und wir wissen, dass sie Allah nicht ungehorsam waren. Wir sollten außerdem auf der Hut sein vor den Worten derjenigen, die Verleumdungen über die Verkündung der Botschaft verbreiten wollen, indem sie sich auf die Tatsache berufen, dass er (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) einige Fehler in weltlichen Angelegenheiten machte. Es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen Ersterem und Letzterem. Wir sollten ebenfalls auf der Hut vor den irregeleiteten Menschen sein, die sagen, dass einige der Gesetze der Scharī`ah, die der Prophet (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) uns verkündete, auf seinem eigenen, persönlichen Ijtihād basieren, welcher richtig oder falsch sein könnte. Was würden diese Irregehenden als Antwort auf die Worte Allahs (ungefähre Bedeutung) sagen: „und er redet nicht aus (eigener) Neigung. Es ist nur eine Offenbarung, die eingegeben wird.“ (53:3-4)? Wir bitten Allah darum, uns vor Verirrung und Irritation zu bewahren. Und Allah weiß es am besten.
Islam Q&A
Scheikh Muhammad Salih al-Munajjid
Quelle: http://diewahrereligion.tv/fatwah/?p=211