22-01-2012, 01:50 AM
Frage (Nr. 34618):
Ist es eines der Zeichen der Stunde, dass die Tage schnell vergehen und sich verkürzen?
Antwort:
Alles Lob gebührt Allāh.
Vielleicht bezieht sich der Fragesteller auf den bei al-Bukhāri (#1036) von Abu Hurayrah verzeichneten Hadīth, in dem es heißt, dass der Gesandte Allāhs (Allāhs Frieden und Segen seien auf ihm) sagte: „Die Stunde wird nicht beginnen, bevor nicht das Wissen hinfort genommen wurde, Erdbeben zunehmen, die Zeit schnell vergeht, Drangsale auftauchen und es eine Menge Haraj gibt, womit das Töten gemeint ist, und bis es unter euch viel Vermögen gibt und es im Überfluss vorhanden ist.“
Und Ahmad berichtete (#10560), dass Abu Hurayrah sagte: Der Gesandte Allāhs (Allāhs Frieden und Segen seien auf ihm) sagte: „Die Stunde wird nicht beginnen, bis die Zeit nicht schnell vergeht. So wird ein Jahr wie ein Monat sein und ein Monat wie eine Woche und eine Woche wie ein Tag und ein Tag wie eine Stunde und eine Stunde wird wie das Abbrennen einiger Palmblätter sein.“
Ibn Kathīr sagte: „Der Isnād ist gemäß der Bedingungen von Muslim sahīh.“ Er wurde auch von al-Albāni in Sahīh al-Jāmi` #7422 als sahīh eingestuft.
Diese zwei Ahādīth zeigen, dass es eines der Zeichen der Stunde ist, wenn die Zeit schneller vergeht.
Die Gelehrten sind über die Bedeutung des Ausdrucks „taqārub al-zamān“ (die Zeit vergeht schneller) unterschiedlicher Ansicht. Es gibt viele Meinungen, von denen die stärkste lautet: Der Ausdruck taqārub al-zamān kann wörtlich interpretiert werden oder metaphorisch.
Die metaphorische Bedeutung besagt, dass der Barakah (Segen) von der Zeit genommen wird, was bereits vor langer Zeit begann.
Dies war die bevorzugte Ansicht von al-Qādi `Iyād, al-Nawawi und al-Hāfiz ibn Hajar (möge Allāh ihnen allen barmherzig sein).
Al-Nawawi sagte: „Damit ist gemeint, dass kein Barakah darin liegt und dass der Nutzen, den ein Mensch aus einem Tag zieht, zum Beispiel dem Nutzen entspricht, den er normalerweise für eine einzige Stunde erhielt.“
Al-Hāfiz sagte: „Es ist eine Tatsache, dass damit der Barakah gemeint ist, der von allem verschwindet, selbst von der Zeit. Das ist eines der Zeichen dafür, dass die Stunde bevorsteht.“
Die metaphorische Bedeutung beinhaltet auch Erleichterung und eine Beschleunigung der Reise zwischen entfernten Orten, sodass es so empfunden wird, dass die Zeit schneller vergeht. Entfernungen, die in der Vergangenheit Monate in Anspruch nahmen, dauern heutzutage nicht mehr als einige Stunden. Scheikh ibn Bāz sagte, in seinem Kommentar zu Fath al-Bāri, 2/522: „Die in dem Hadīth erwähnte schnell vergehende Zeit kann in dem Sinne verstanden werden, wie es heute geschieht, wo nämlich Entfernungen zwischen Städten und Ländern kürzer geworden sind und es weniger Zeit in Anspruch nimmt, sie zu erreichen, durch Flugzeuge, Autos und auch Rundfunk etc. Und Allāh weiß es am besten.
Hinsichtlich der wörtlichen Bedeutung, dass die Tage im tatsächlichen Sinne kürzer werden, sodass die Stunden der Nacht und des Tages schnell vergehen, so ist dies nicht eingetreten, doch es ist möglich. Das wird von der Tatsache unterstützt, dass die Tage des Dajjāl länger sein werden, sodass ein Tag wie ein Jahr wird oder wie ein Monat oder wie eine Woche. Ebenso wie die Tage länger werden können, können sie auch kürzer werden. Das ist so, weil das System der Erde außer Kontrolle gerät und das Ende der Welt sich nähert.
In al-Fath zitiert al-Hāfiz ibn Abi Jamrah folgendermaßen: „Es kann sein, dass mit dem schnellen Verstreichen der Zeit gemeint ist, dass die Zeit wortwörtlich kürzer wird, basierend auf dem Hadīth: `Die Stunde wird nicht beginnen, bevor nicht ein Jahr wie ein Monat ist.` Auf dieser Grundlage kann die Verkürzung der Zeit im wörtlichen Sinne verstanden werden oder metaphorisch. Im tatsächlichen Sinne hat es noch nicht eingesetzt, doch es kann eines der Dinge sein, die geschehen, wenn die Stunde kurz bevor steht. Was den metaphorischen Sinn angeht, so trat dies vor einiger Zeit ein. Das ist den religiösen Gelehrten bekannt und auch denjenigen, die mit weltlichen Dingen befasst sind, denn diese sehen, dass keiner von ihnen soviel Arbeit erledigen kann, wie es vorher möglich war, und sie beschweren sich darüber und kennen den Grund dafür nicht. Vielleicht liegt es an der Schwäche des Glaubens und dem Erscheinen von Dingen, die auf viele Arten dem Islam entgegen stehen. Das Schlimmste an dem Mangel von Barakah zeigt sich in der Versorgung, denn die Quellen der Versorgung sind entweder vollständig harām oder zweifelhaft, wie jedem offensichtlich wird, und in einem solchen Ausmaß, dass viele Menschen sich nicht darum kümmern, woher ihre Versorgung stammt. Was auch immer sie bekommen können, nehmen sie und sorgen sich nicht. Tatsächlich kann Barakah in der Zeit, Versorgung und Viehzucht nur durch die Stärke des Glaubens, dem Befolgen von Allāhs Befehlen und Seinen Verboten erlangt werden. Der Beweis dafür liegt in den Worten Allāhs (ungefähre Bedeutung): „Hätten aber die Bewohner der Städte geglaubt und wären sie gottesfürchtig gewesen (hätten Taqwa besessen), hätten Wir ihnen bestimmt Segnungen von dem Himmel und der Erde aufgetan. …“ (7:96).
Al-Suyūti sagte etwas Ähnliches in al-Hāwi li-l-Fatāwi (1/44), wo er über die Bedeutung des Hadīth erwähnte: „Es wurde gesagt, dass dies tatsächlich wörtlich zu verstehen ist, und dass die Stunden des Tages und der Nacht kürzer werden, wenn der Beginn der Stunde bevor steht. Und es wurde gesagt, dass es metaphorisch zu verstehen ist und dass die Tage schnell vergehen werden und der Barakah von allen Dingen genommen wird, selbst von der Zeit… Und es gibt auch andere Meinungen. Und Allāh weiß es am besten.”
Es gibt keinen Widerspruch zwischen diesen drei Standpunkten, nämlich dass es die Entfernung des Segens bedeutet, eine Erleichterung der Reise und das schnelle Verstreichen der Zeit im wörtlichen Sinne. Es gibt keinen Grund, warum der Hadīth nicht in der Bedeutung von ihnen allen verstanden werden sollte. Und Allāh weiß es am besten.
Es gibt weitere Meinungen über die Bedeutung des Ausdrucks „die Zeit vergeht schnell“, doch diese sind nicht so stark wie die oben genannten. Beispielsweise gibt es die Ansicht von al-Khattābi, welche besagt, dass das Leben angenehm wird. Al-Hāfiz sagte: „Es bedeutet – und Allāh weiß es am besten – dass dies zur Zeit des Mahdi geschehen wird, wenn Sicherheit und Gerechtigkeit auf der Erde vorherrschen und das Leben angenehm wird. Dann empfinden die Menschen die Zeit als kürzer, weil sie ihnen in Zeiten der Erleichterung immer kurz vorkommt, auch wenn sie lang ist, und sie empfinden die Zeit bei Schwierigkeiten als lang, selbst wenn sie kurz ist.“ Dann sagte al-Hāfiz: „Vielmehr interpretierte al-Khattābi es auf diese Weise aufgrund dessen, dass diese Kürze der Zeit während seines Lebens noch nicht stattgefunden hatte. Doch auf was sich der Hadīth bezieht, geschieht in unserer Zeit, denn wir sehen, dass die Tage schnell vergehen und dies auf eine Art, die es in vergangenen Zeiten nicht gab, selbst wenn es kein leichtes Leben gibt. Tatsächlich ist die Bedeutung metaphorisch und bezieht sich auf die Entfernung des Barakah.“
Eine andere Meinung war die von ibn Battāl, welche besagt, dass damit gemeint ist, dass die Menschen einander ähnlich werden hinsichtlich ihres Mangels an religiösem Bestreben, sodass es niemanden unter ihnen gibt, der zum Guten aufruft und das Schlechte verbietet, denn das Übel und seiner Anhänger herrschen vor.
Diese Interpretation steht der offensichtlichen Bedeutung des Hadīth entgegen und wird durch das widerlegt, was der Prophet (Allāhs Frieden und Segen seien auf ihm) in einer anderen Überlieferung sagte: „Die Stunde wird nicht beginnen, bevor die Zeit nicht schnell vergeht, sodass ein Jahr wie ein Monat wird…“ Es ist offensichtlich, dass hiermit gemeint ist, dass die Zeit an sich schneller vergeht, und nicht, dass die Menschen sich ähneln in ihrem Mangel an religiösem Engagement. Und Allāh weiß es am besten.
Siehe Fath al-Bāri, 13/21, Kommentar zu dem Hadīth Nr. 7061; Ittihāf al-Jamā`ah von al-Tuwayjri, 1/497; Al-Sunan al-Wāridah fi-l-Fitan wa Ghawā`iliha wa-l-Sā`ah wa Aschrātiha von Abu ‘Amr ‘Uthmān al-Dāni, herausgegeben von Dr. Rida’-Allāh al-Mubārakfūri; Aschrāt al-Sā`ah von al-Wābil, S. 120.
Islam Q&A