[Abir As-Sabil]

Ich muss gerade schmunzeln, liebe Fatima. Genau die selben Fragen habe ich auch immer gestellt und stelle ich auch heute noch, wenn jemand mit im Prinzip guten Ratschlägen kommt. Nur vergessen die Menschen, die diese Ratschläge geben (bitte nicht falsch verstehen, das ist kein Angriff, barakAllahu fiikum für all die Mühen), dass man einem Analphabeten, der Hilfe bei etwas braucht, nicht einfach sagen kann: Schreibe halt mal einen Brief!

Der Rat ist zwar gut gemeint, aber er bringt dem Analphaten nichts, da er nicht einmal schreiben kann.

Genauso ist es für mich und wahrscheinlich auch Schwester Fatima sehr schwer zu verstehen, WIE man einfach mal "cool bleiben" soll, wenn man das nie gelernt hat. Meistens ist das PRoblem nicht, WAS man machen soll, zumindest ist das bei mir der Fall, sondern WIE man etwas machen soll.

Schwester Fatima: Versuche dich abzulenken, dich zu beschäftigen, nicht so oft daran zu denken. Das ist ein Rat von einer Schwester, die genau aus diesen Gründen Zeit, Kraft und Nerven verloren hat. Ich habe mich über mehrere Jahre hinweg daheim eingesperrt, mich von der Welt abgekapselt, weil ich hilflos war und mich nutzlos gefühlt habe. Ich fühlte mich schuldig für alles Leid der Welt. Hatte Gewissensbisse, litt unter Depressionen, habe nachts wenig oder gar nicht geschlafen. All das, was der Bruder aufgezählt hat. Ich war ein psychiches Wrack, zum Teil auch wegen anderen Dingen, aber hauptsächlich deswegen, weil ich mich geistig einfach viel zu sehr mit den Sorgen der gesamten Menschheit beschäftigt habe. Mit Dingen, die nicht in meiner Macht lagen.
Das ist aber kontraproduktiv, denn wir müssen erkennen, dass wir helfen können, nur nicht in dem Maße, in dem wir es uns wünschen, aber dazu muss man verinnerlichen, dass Allah ta'ala uns nicht über Dinge zur Rechenschaft ziehen wird, auf die wir gar keinen Einfluss habe.
Wenn meine Nachbarn nichts zu Essen haben, dann kann ich ihnen helfen, aber wenn Millionen Menschen in Afrika an Hunger sterben, dann kann ich nur bis zu einem bestimmten Grad helfen.

Deswegen: Sei deinen Mitmenschen nützlich und versuche sie mit aller Kraft und all deiner Energie zu bereichern. Glaub mir: Das wird dich teilweise erfüllen, aber ganz besonders deinen Mitmenschen helfen.

Und denke nicht, wenn du jetzt meine Zeilen liest, dass ich das geschafft habe und es total easy ist. Ich stehe selbst auch erst am Anfang. Es ist nicht lange her, dass ich nicht mehr leben wollte (im Sinne von nicht aktiv leben), weil es frustrierend ist die Menschen um einen herum zu sehen, die sich um so belanglose Dinge im Leben kümmern. Die Dunya hat sie verblendet und sie trachten nach ihr und man steht unter all diesen Menschen und kommt sich total fehl am Platz vor. Diese Oberflächlichkeit und diese Gelassenheit sind Dinge, die mich auch heute noch rasend machen.
Jeder hat sich in seine vier Wände verzogen und es juckt keinen, was da draußen abgeht. Ego, Ego, Ego, Ich, Ich, Ich...
Du siehst so viel und weißt nicht, wo du überhaupt anfangen sollst, zu helfen. Hilflos, machtlos, schuldig...

Wie gut kann ich all das nachvollziehen subhanAllah.