Issa Mönks   14-07-2014, 01:14 PM
#3
As Selam Alaykum rahmatullahi wa barakatuh,

Der dritte teil,


Das dritte Grundprinzip: Wenn die Ausführung von Bestimmungen der Scharia mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, dann kommt automatisch eine gewisse Erleichterung zur Geltung

Vorstellung des Grundprinzips
„Wenn eine Drangsal (große Schwierigkeit) vorhanden ist, kommt eine Erleichterung in den islamischen Bestimmungen diesbezüglich zur Geltung. “(الشقة تلب التيسي)
Die islamischen Bestimmungen sollen keine Drangsal mit sich bringen. D.h. also, dass, wenn durch aktuelle Umstände die Umsetzung von Schariabestimmungen in der normalen Form mit
großer Schwierigkeit verbunden ist, dann automatisch eine gewisse Erleichterung rechtmäßig ist.

Die Belege für die Gültigkeit dieses Grundprinzips

U.a.:
● Allah hat gesagt: „Allah belastet niemanden über sein Vermögen. Ihm wird, was er verdient, und über ihn kommt, was er gesündigt. "Unser Herr, strafe uns nicht, wenn wir uns vergessen oder vergangen haben; unser Herr, lege uns nicht eine Verantwortung auf, wie Du sie denen auferlegtest, die vor uns waren. Unser Herr, bürde uns nicht auf, wozu wir nicht die Kraft haben...“..“[2:286]
● Allah sagt: „Allah möchte es euch leicht und nicht schwer machen.“[2:185]
As-Sujuti sagt zu diesem Koranvers: „Dieser Koranvers ist die Grundlage für ein Grundprinzip bzgl. der islamischen Pflichten und für ein Grundprinzip, von dem viele Detailangelegenheiten abgeleitet werden. Dieses Grundprinzip lautet: „Wenn eine Drangsal (große Schwierigkeit) vorhanden ist, kommt eine Erleichterung (in den islamischen Bestimmungen diesbezüglich) zur Geltung.“(الشقة تلب التيسي )

Dies ist eines von 5 Grundprinzipien, auf denen der Fiqh basiert. Von diesem Grundprinzip sind unzählige Prinzipien abgeleitet.“
● Allah sagt: „Und er hat euch in der Religion keine Drangsal (bzw. Bedrängnis) auferlegt.“[22:78]
● Muslim berichtet in seinem Sahih-Werk von Ibn Abbas (r.), dass der Prophet (Allas Segen und Heil auf ihm) das Mittags- und das Nachmittagsgebet und das Abend- und das Nachtgebet zusammenlegte ohne im Krieg (wörtl. Angst) zu sein oder dass es regnete. Ibn Abbas wurde danach gefragt, was der Prophet damit beabsichtigte, worauf Ibn Abbas antwortete: „Er wollte die Bedrängnis von seiner Gemeinde (arab. umma) nehmen.“

Davon abgeleitete Prinzipien der Scharia

Hier wird nur eines der abgeleiteten Prinzipien vorgestellt – der Umgang in Notsituationen.
In Notsituationen (arab. darurat, Pl. von darura) wird ein Teil der verbotenen Dinge erlaubt

Beispiel: Erlaubnis des Essens von Schweinefleisch, um zu überleben, wenn man nichts anderes zu essen hat und Angst hat zu verhungern.
Definition von Notsituation (arab. d arura) :
„Wenn man sich in solch einer Situation der Gefahr oder Drangsal befindet, so dass man Angst um sein Leben hat, oder Angst hat, Schaden zu erleiden bzgl. der körperlichen Unversehrtheit, der Ehre oder des Verstandes, dann wird es - innerhalb der Rahmenbedingungen der Scharia - erlaubt, etwas zu tun, was islamisch verboten (arab. haram) ist bzw. eine Pflicht zu unterlassen oder aufzuschieben, wenn man dadurch den Schaden mit hoher Wahrscheinlichkeit abwenden kann.“
Bedingungen dafür, dass eine Notsituation (arab. arura) vorliegt und dass man etwas normalerweise Verbotenes tun darf:
1. Die Gefahr bzgl. der fünf von der Scharia geschützten Dinge (Religion, Leben, Ehre (bzw. Nachkommenschaft), Verstand und Besitz) muss wirklich unmittelbar da sein. Es genügt nicht, dass man nur eine vage Angst hat.
2. Man darf nur dann dieses normalerweise Verbotene tun, wenn es keine andere, unter normalen Umständen erlaubte Möglichkeit gibt, den Schaden abzuwenden.
3. Um selbst einen Ausweg aus einer Notsituation zu finden, dürfen die Grundrechte anderer Menschen nicht beschnitten werden und auch nicht die Grundprinzipien der Religion
gebrochen werden. (Wenn man Angst hat zu verhungern, darf man jedoch auch Geld von anderen
nehmen, wenn diese es nach Anfrage verwehrt haben. (Siehe unten))

Welche Verbote darf man in einer Notsituation brechen?
In einer Notsituation – die man entsprechend genau einschätzt - werden alle normalerweise verbotenen Dinge erlaubt, außer die Folgenden:
Abfall vom Islam (Wenn man um sein Leben fürchtet, darf man äußerlich so tun, als ob man
Unglauben begeht (siehe [16:106]).)
Mord und Unzucht.
Das normal Verbotene, das man in der betreffenden Notsituation tun will, darf aber nicht einen größeren Schaden hervorbringen als den Schaden, den man verhindern will.

Belege aus dem Koran und der Sunna für das beschriebene Umgehen in einer Notsituation:
Es gibt fünf Stellen im Koran dazu:
„Verwehrt hat Er euch nur das von selbst Verendete und Blut und Schweinefleisch und das, worüber ein anderer Name als Allahs angerufen worden ist. Wer aber durch Not getrieben wird - nicht ungehorsam und das Maß überschreitend -, für ihn soll es keine Sünde sein. Allah ist allvergebend, barmherzig.“[2:173]
Die weiteren relevanten Koranverse sind [5:3], [6:145], [16:115] und [6:119].

Belege aus der Sunna für das beschriebene Umgehen in einer Notsituation:
Es gibt folgende Hadithe bzgl. des Verhaltens in Notsituationen (arab. darurat):
● Zwei Hadithe bzgl. der Erlaubnis, Verendetes zu essen, um zu überleben.
● Hadithe bzgl. der Erlaubnis, aus einem fremden Garten zu essen, wenn man sehr bedürftig ist, jedoch ohne etwas mitzunehmen.
● Hadithe bzgl. der Notwehr, um sein Leben, Hab und Gut und seine Ehre zu verteidigen, wenn man unmittelbar angegriffen ist. Verteidigung der Ehre heißt, dass man einen gewaltsamen Eindringling mit Gewalt zurückdrängen darf – nicht etwa „Ehrenmord“:
Der Prophet (s.a.s.) hat gesagt: „Wenn sich einfach jemand in den geschützten Bereich des Heims von Leuten ohne deren Erlaubnis Einblick verschafft, so ist es ihnen erlaubt, sein Auge auszustechen.“( Ahmad)
Buchari, Muslim u.a. berichten, dass der Prophet (s.a.s.) gesagt hat: „Wenn sich jemand einfach in den geschützten Bereich des Heims von Leuten ohne deren Erlaubnis
Einblick verschafft, und sie ihm sein Auge ausstechen, so müssen sie kein Schmerzensgeld (arab. dijat) bezahlen, und es gibt auch keine Vergeltung (arab. qisas).“

Bei speziellen und allgemeinen Notwendigkeiten verlieren Verbote, die Vorbeugungsmaßnahmen sind, ihr absolutes Untersagtsein

Ein weiteres abgeleitetes Prinzip ist der Umgang mit einer allgemeinen und speziellen Notwendigkeit, welches ähnlich wie in Notsituationen ist. Der Unterschied ist u.a. der, dass die Notwendigkeit schwächer ist als bei einer Notsituation, Bestimmungen für den Normalfall zu brechen.
Grob kann man sagen, dass es
1. einige Verbote gibt, die man nie brechen darf – wie z.B. das Verbot der Unzucht.
2. einige Verbote gibt, die in Notsituationen erlaubt werden – wie z.B. das Essen von Schweinefleisch (dies ist im vorigen Abschnitt ausführlicher erläutert worden) und
3. gibt es Verbote – wie z.B. beim urinieren mit der rechten Hand das Glied halten -, die aufgehoben werden, wenn eine Notwendigkeit dazu besteht. (z.b. Gipsarm)
  
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